22.05.2014 – „Den Anstoß muss jemand geben, der in gewisser Weise Erneuerbare-Energien-verrückt ist“, sagt Bürgermeister Karl-Heinz Weber. Inzwischen ist das Netz, dessen Ausbau im Jahr 2008 begann, so weit etabliert, dass jeder, der eine neue Heizung braucht, auf Nahwärmeversorgung umsteigt. Die einmaligen Kosten von 4.000 Euro für den Wärmetauscher und 100 Euro als Genossenschaftsbeitrag würden sich in fast zwei Jahren amortisieren, so Weber. Eventuell notwendige Reparaturen werden von der Genossenschaft getragen. Diese Argumente überzeugen – so dass sich fast jeder für den Anschluss an das Nahwärmenetz entscheidet. Maßgeblichen Anteil daran hat aus Sicht von Weber auch die partnerschaftliche Zusammenarbeit der verschiedenen Akteure. Koordiniert vom lokalen Ingenieurbüro Hoppe gab es in den letzten Jahren kaum Reibungspunkte zwischen Genossenschaft, Verlegern und dem Hauptlieferanten REHAU, so der Bürgermeister. Wir treffen ihn im Rathaus.
Herr Weber, wie konnten Sie die Bürger Ihrer Gemeinde überzeugen?
Ohne Pressearbeit, Information und Werbung geht es nicht. Wärmenetze auf dem Land sind schließlich ein komplett neues Thema für die Bürger, bei dem sie ihre eigene Privatheizung gegen ein gemeinschaftliches Heizungssystem austauschen sollen. Die Leute waren sehr schnell mitzunehmen, weil wir von Anfang an auch auf wirtschaftliche Aspekte eingegangen sind. Das Nahwärmenetz ist inzwischen an alle öffentlichen Gebäude im Ortskern und an über 60 Prozent der privaten Haushalte angeschlossen.
Gab es auch Einwände und Hürden?
Durch die sehr partnerschaftliche Zusammenarbeit der Genossenschaft mit unserer Raiffeisenbank vor Ort, dem lokalen Planungsbüro Hoppe sowie den beteiligten Verlegern und Lieferanten lief das Projekt über all die Jahre ziemlich reibungslos und mit großer Akzeptanz der Bevölkerung.
Wie kamen Sie auf die Genossenschaftsform?
Wir hatten als Gemeinde schon Erfahrungen mit anderen Genossenschaften in Lathen und haben die Genossenschaft dann gemeinsam mit einer örtlichen Bank und dem Genossenschaftsverband gegründet. Insgesamt gesehen ist es für die Menschen entscheidend, die Energiewende und die Projekte vor Ort zu begleiten und mitzugestalten. Dafür sind Genossenschaften einfach ideal geeignet.
Rechnet sich das Projekt für die Gemeinde?
In Lathen wurden ungefähr drei Millionen Kilowattstunden Wärmeenergie im Jahr in öffentlichen Gebäuden verbraucht. Hinzu kommen rund 18 Millionen Kilowattstunden in privaten Haushalten. Das Geld für das notwendige Erdgas floss bisher vollständig aus der Region ab. Mit unserem Nahwärmenetz haben wir diesen Kapitalfluss zu einem großen Teil in einen regionalen Kapitalfluss umwandeln können. Die ersten Wärmenetze auf Basis von Biogasanlagen haben uns gezeigt, dass die gemeinschaftliche Wärmeversorgung sinnvoll ist und funktioniert. Dies war eine wichtige Erfahrung für uns, um den nächsten Schritt, die Investition und den Bau eines großen Holzhackschnitzelheizkraftwerks, sicheren Fußes zu begehen.
Wie wurde das Projekt finanziert?
Für den Ausbau des Nahwärmenetzes war die finanzielle Unterstützung über das BAFA wichtig. Dadurch muss jeder Haushalt letztendlich nur 4.000 Euro für den Anschluss bezahlen und der Preis für die Kilowattstunde Wärme liegt mit 4,5 Cent pro Kilowattstunde deutlich unter den 6,1 Cent pro Kilowattstunde für Erdgas. Weitere monatliche Grundkosten oder Wartungsarbeiten gibt es ebenfalls nicht mehr.
Was sind die weiteren Ziele?
Der wichtigste Hebel für den Erfolg der Energiewende vor Ort sind nicht die Ziele, sondern umgesetzte Projekte. Lathen liegt an der Teststrecke des Transrapids, und wir haben hautnah erfahren können, wie ein tolles Projekt wegen fehlender Umsetzung scheitern kann. Dies sollte mit der Energiewende nicht passieren.
Der Bürgermeister muss los, er hat heute noch Termine – denn da gibt es da schon noch einige Ziele, die die Gemeinde erreichen will.
CO2-neutral bis 2025
Mittlerweile beträgt der Wärmeumsatz 20 Millionen Kilowattstunden im Gebiet Lathen – das ist Wärme für mehr als 700 Haushalte. Im Strombereich ist die Samtgemeinde bereits Exporteur. Bis 2025 möchte die Gemeinde CO2-Neutralität erreichen sowie die Energielieferung für Haushalte, aber auch auf Betriebe aus erneuerbaren Quellen ausweiten. Ein hoch gestecktes Ziel, das aber durchaus erreichbar ist: „Allein mit den bestehenden Anlagen steht uns doppelt so viel Strom zur Verfügung als vor Ort verbraucht wird“, so Weber. Stolz ist der Bürgermeister auch auf die internationale Resonanz. „Früher kamen die Chinesen wegen unserer Magnetschwebebahn. Heute kommen Sie wegen unserer innovativen Wärmetechnik.“ na
Weitere Infos zum Emstaler Modell
Fakten zum Nahwärmenetz Samtgemeinde Lathen
Betreiber: Energiegenossenschaft Nahwärme Emstal eG
Ziele: Unabhängigkeit von Gas / Öl durch Versorgung von 100 % der kommunalen Liegenschaften und mehr als 50 % der Privathaushalte mit lokaler Wärme
Leistung: Grundlast über mehrere Biogas-BHKW, Mittellast über Holzheizkraftwerk, Spitzenlast über Gaskessel
Finanzierung: 20 % über staatliche Fördermittel, 20 % über Genossenschaftseinlagen, 60% über Kredite
Inbetriebnahme: 2009
Angeschlossene kommunale und öffentliche Gebäude: Schulzentrum, Grundschule, Freibad, Kirche, Feuerwehr, Rathaus, Kindergarten, Volksbank, sowie ca. 700 Hausanschlüsse
Länge Wärmenetz: > 60.000 m
Weiterentwicklung: Kontinuierlicher Ausbau in insgesamt bisher drei Stufen, weiterer Ausbau bei wirtschaftlicher Nachfrage geplant
Kommentare
Stromer am 30.05.2014
Ich möchte die super saubere Gemeinde mal mit dem
Elektro-Auto besuchen. Kann ich denn bei euch auch
von den Strom etwas laden um wieder nach Hause zukommen??????
Mein Auto braucht nur Strom. Elektrischen Strom. Sonst nix.
Schukostecker (=Haushaltsteckdose) geht, (Stromkosten je Std ca. 1Euro
besser CEE blau (sogenannter Campingstecker). ca. 1Euro/Std
oder CEE rot 16A/ 400V, ........................................ ca. 3Euro/Std
auch CEE rot 32A /400V, geht. .............................. ca. 6Euro/Std.
Bin mal gespannt ob sich da schon was bewegt.
Last mich nicht so lange auf eine Nachricht warten!!!!!!!!!
AlessandraRibeiro am 29.09.2014
The population in Middle Eastern countries is growing rapidly, which in turn, increases the demand for electrical power.
http://www.siemens.ae/sustainable-energy/