Fridays for FutureDen Jungen reicht „Klimaschutz irgendwann“ nicht mehr

Die Schüler sprachen von bis zu 10.000 Teilnehmern am Klimastreik, die Polizei berichtete von etwa 5.000.
Die Schüler sprachen von bis zu 10.000 Teilnehmern am Klimastreik, die Polizei berichtete von etwa 5.000. (Foto: © Clemens Weiß)

Zehntausende Schüler protestieren seit Wochen gegen die Ignoranz der Alten. Sie fordern Klimaschutz und das sofort statt irgendwann. Am Freitag heizten sie bei eisigen Temperaturen der Kohlekommission in Berlin ein und stellten Forderungen.

28.01.2019 – Am vergangenen Donnerstag zogen in Brüssel 35.000 Schüler und Studenten für das Klima durch die Straßen, doppelt so viele wie in der Woche zuvor. In Schwung gebracht hatte die Bewegung Greta Thunberg. Die 16-jährige Schwedin tritt seit dem vergangenen Sommer jeden Freitag in den Klimastreik und nimmt dafür Fehltage in der Schule in Kauf. Mittlerweile ist sie zu einer „Galionsfigur der Klimaschutzbewegung“ geworden, schreiben einige Medien. Zumindest ein Vorbild ist sie für viele, eine Anführerin des Protests der Jungen gegen die ignoranten Alten.

Derzeit ist sie auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos und der Medienrummel um ihre Person sorgt dafür, dass das Thema Klimawandel dauerpräsent ist. „Ihr seid gescheitert“, sagt sie den Wirtschafts- und Politikeliten und meint ihre Klimapolitik. Die Ansicht teilen Zehntausende Schüler, die seit Wochen in Europa und Deutschland freitags für ihre Zukunft auf die Straßen gehen. Fridays for Future heißt ihr Motto.

Forderungen an Bundesregierung und Kohlekommission

In Berlin kamen am Freitag bei eisigen Temperaturen bis zu 10.000 aus dem ganzen Bundesgebiet zusammen. An die Bundesregierung gerichtet sagen sie Sätze wie „Mit jedem Tag, der ungenutzt verstreicht, setzt ihr unsere Zukunft aufs Spiel!“ Sie sind bestens vernetzt, über Twitter, Facebook und Instagram, über Whatsapp-Gruppen und Webseiten.

Über 100 Regionalgruppen haben sich in Deutschland mittlerweile gebildet und sie machen Druck: In einem Brief an die Kohlekommission fordern sie einen vollständigen Kohleausstieg bis 2030 um die Erderwärmung auf maximal 1,5 Grad zu begrenzen. „Die dazu nötigen Maßnahmen sind bekannt. Die Politik darf sie nicht länger hinauszögern.“ Die Politik hörte ihnen zu: Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) lud zum Gespräch ins Ministerium, in der Kohlekommission durften die Sprecher der Klimastreikenden ihre Forderungen kurz vorstellen:

  1. Eine sofortige Abschaltung der fünf ältesten deutschen Kohlekraftwerke.
  2. Die Abschaltung weiterer 14 Braunkohleblöcke bis 2020.
  3. Die Drosselung der übrigen Kohlekraftwerke mit vollständigem Kohleausstieg bis 2030.
  4. Gelder für die Umschulung und Weiterbildung für Kohle-Beschäftige und Regionen, keine Zahlungen an Konzerne.
  5. Der Hambacher Wald bleibt bestehen, keine weiteren Dörfer werden abgebaggert und keine neuen Tagebaue und Kohlekraftwerke werden gebaut.

Die Maßnahmen sind ehrgeizig und für mehr Klimaschutz sinnvoll, in dem kurzen Zeitraum aber kaum realistisch umzusetzen. Als Denkanstoß sind sie dennoch nicht verkehrt. Deshalb heißt es im Kleingedruckten des Briefs: Die Forderungen seien „unter Berücksichtigung der Versorgungssicherheit und Zeit für den Strukturwandel“ zu verstehen. Die Unterzeichner verweisen auf eine Studie des Fraunhofer-Instituts für Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik IEE. Die Wissenschaftler hatten nachgewiesen, dass Deutschland  bis 2030 nahezu vollständig aus der Verbrennung von Kohle aussteigen könnte ohne die Stromversorgung zu gefährden.

Wofür lernen, wenn es keine Zukunft gibt?

Die Übernahme der Forderungen ist wenig realistisch, das wissen die Schüler selbst. Es geht ihnen vielmehr darum das Thema Klimaschutz nicht als eines von vielen Problemen im tagespolitischen Geschäft vor sich hindümpeln zu lassen. Dafür hängt für sie zu viel von einem intakten Planeten ab. Wofür lohnt es sich zu lernen, wenn es gar keine Zukunft mehr gibt?

Aus diesem Grund gehen die Schüler nicht am Wochenende oder am Freitagnachmittag auf die Straße. Sie brechen bewusst Regeln, um Aufmerksamkeit für ihr wichtigstes Zukunftsthema zu erzeugen. Auch wenn Schulämter, Direktorinnen und Lehrer den Klimastreik offiziell nicht gutheißen können, erzählen Schüler von großer Unterstützung seitens vieler Lehrkräfte. Schließlich sollen Schüler, so heißt es in den Bildungsstandards der Kultusministerkonferenz, zu mündigen Bürgern erzogen werden, die verantwortungsvoll, selbstkritisch und konstruktiv am politischen und gesellschaftlichen Leben teilnehmen können. Der Klimastreik ist wohl genau das. cw

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