Die Grenzen des WachstumsEine Erde für alle

Scheideweg
Die Erde am Scheideweg: Wie Entscheidungen dieses Jahrzehnts die Zukunft der Menschheit beeinflussen. (Bild: Else Siegel / pixabay)

Der Bericht Earth for All des ThinkTanks Club of Rome analysiert, wie die Menschheit bis Ende des Jahrhunderts leben wird. Globale Gerechtigkeit und Vermögensumverteilung sind nicht nur möglich, sondern notwendig – und kommen allen zugute.

09.09.2022 – 50 Jahre nach der bahnbrechenden Analyse „Die Grenzen des Wachstums“ veröffentlichte der Club of Rome nun den Bericht: Earth for All: Überlebenshandbuch für die Menschheit. Das internationale Team von Wissenschaftlern und Ökonomen warnt vor zunehmenden sozialen Spannungen durch Klimawandel und globale Ungleichheit. Identifiziert werden fünf Wendepunkte, die sich fundamental wandeln müssen, wenn die Menschheit überleben will.

Eine Gesellschaft für alle

Die Analyse ist das Ergebnis eines zweijährigen Forschungsprojekts und zeigt auf, wie verheerend die globale Ungleichheit und die derzeitige Wirtschaftsweise für die Menschheit ist. Kern ist die Debatte um die Frage, ob grünes Wachstum möglich ist – und ob nicht schon längst ein Schrumpfen der Wirtschaft (Degrowth) notwendig ist.

Sandrine Dixson-Declève, Autorin und Co-Präsidentin des Club of Rome, sagte: „Unsere Wirtschafts- und Finanzsysteme sind kaputt und wir erreichen ein gefährliches Maß an Ungleichheit. Wollen wir den ersten Billionär schaffen oder wollen wir funktionierende, gerechte demokratische Gesellschaften schaffen? Letztendlich geht es bei „Earth for All“ darum, Gesellschaften aufzubauen, die den Wohlstand für alle schätzen und nicht den Profit für die Wenigen auf einem begrenzten Planeten, der für das 21. Jahrhundert gerüstet ist. Lassen Sie uns klar sein, eine gleichberechtigtere Gesellschaft nützt allen, sogar den sehr Reichen.“

Zu wenig, zu spät – oder der große Sprung

Mit Computermodellen wurden verschiedene Szenarien modelliert, die zeigen, wie die Entscheidungen dieses Jahrzehnts Bevölkerung, Wirtschaft, Ressourcenverbrauch, Umweltverschmutzung, Wohlbefinden und soziale Spannungen des laufenden Jahrhunderts verändern. Zwei gegensätzliche werden im Buch genau beschrieben: „Too Little, Too Late“ und „The Giant Leap“.

Im ersten Szenario läuft die Welt im Grunde weiter, wie bisher. Wirtschaftswachstum im Westen, Ausbeutung der ärmsten Volkswirtschaften, und ein globaler Temperaturanstieg bis 2100 auf etwa 2,5 Grad. Alle Gesellschaften werden von rollenden Schocks extremer Hitze, Dürre, Ernteausfällen und Überschwemmungen heimgesucht.

Das „Giant-Leap“-Szenario zeigt hingegen auf, dass ein Umsteuern noch möglich ist. Das Klimawird stabilisiert, Materialverbrauch reduziert und die Welt schafft es, bis Ende 2050 extreme Armut nahezu zu beenden. Die sozialen Spannungen sinken und das Wohlergehen steigt im Laufe des Jahrhunderts aufgrund größerer Einkommensgleichheit.

Wendepunkte für mehr Gerechtigkeit

Im zweiten Szenario werden fünf miteinander verbundene Wendepunkte identifiziert, die umgehend angegangen werden müssen. Diese sind das Ende der Armut durch eine Reform des internationalen Finanzsystem, Bekämpfung der groben Ungleichheit, indem sichergestellt wird, dass die reichsten 10 % nicht mehr als 40 % des Volkseinkommens erhalten, Geschlechtergerechtigkeit bis 2050, eine nachhaltige Umgestaltung des Ernährungssystems und der Übergang zu sauberer Energie, um bis 2050 Netto-Null-Emissionen zu erreichen.

Skizziert werden zudem Politikempfehlungen mit dem größten Potenzial zur Beschleunigung dieser Kehrtwende. Diese reichen von bekannten Maßnahmen zur Bekämpfung der Ungleichheit wie effektive progressive Besteuerung für Superreiche bis zu neuen Vorschlägen wie einen globalen Bürgerfonds, über den die Erträge aus globalen Gemeingüter als universelle Grunddividende an alle Menschen verteilt werden.

„In den nächsten 50 Jahren wird das derzeitige Wirtschaftssystem soziale Spannungen verstärken und das Wohlbefinden senken. Wenn es keine wirklich außergewöhnlichen Maßnahmen zur Umverteilung des Reichtums gibt, werden die Dinge erheblich schlimmer. Dies riskiert eine explosive Kombination aus extremer politischer Destabilisierung und wirtschaftlicher Stagnation in einer Zeit, in der wir alles tun müssen, um Klimakatastrophen zu vermeiden“, so Jorgen Randers, einer der sechs Autoren von „Earth for All“ und Co-Autor von „The Limits to Growth“. Fazit der Analyse ist, dass nicht das Wachstum enden muss, sondern ein gezieltes und maßvolles Wachsen der Wirtschaft zum Wohle aller notwendig ist, wenn die Menschheit eine Zukunft haben will. jb

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