Umweltorganisationen kritisierenStaatskonzern Uniper weiter auf fossilem Kurs

Sechs vermummte Klimaaktivist:innen in weißen Maleranzügenhalten vor einem Kraftwerk Buchstaben hoch, die zusammen "End Coal Now" ergeben
Klimaaktivist:innen von Ende Gelände protestieren vor dem Steinkohlekraftwerk Datteln 4. (Bild: Ende Ende Gelände Hamburg, flickr, CC BY-ND 2.0)  

Der von der Bundesregierung gerettete und verstaatlichte Energiekonzern Uniper bleibt weiter auf das fossile Geschäft ausgerichtet. Anlässlich der heutigen Hauptversammlung des Konzerns fordern Umweltorganisationen einen grünen Transformationsplan.

24.05.2023 – Ende vergangenen Jahres übernahm die Bundesregierung den in finanzielle Schieflage geratenen Energiekonzern Uniper zu 99 Prozent. Zusätzlich pumpte der Staat 33 Milliarden Euro Kapital in das Unternehmen. Uniper war bis dato größter Gasimporteur der Bundesrepublik. Gas, dass vor allem aus Russland stammte. Der Rückgang der russischen Gaslieferungen nach Deutschland, die Beendigung des NordStream 2-Projekts sowie teure Gaseinkäufe auf den Spotmärkten, brachten dem Konzern im ersten Halbjahr einen Verlust von 12 Milliarden Euro ein.

Doch anstatt die wirtschaftliche Transformation voranzutreiben und vollständig auf zukunftsträchtige Erneuerbare Energien zu setzen, werde weiter an Gasgeschäften, aber auch der Kohle- und Ölwirtschaft festgehalten, kritisieren die Umweltorganisationen Greenpeace, urgewald, E3G, Beyond Fossil Fuels und der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre anlässlich der heute stattfinden digitalen Hauptversammlung von Uniper. Lisa Fischer, Programmleiterin bei E3G, sagt: „Die Energiewende und wirtschaftliche Transformation Deutschlands ist in vollem Gange. Deutsche Steuergelder stecken nun in einem der Schlüsselunternehmen, das bisher als Nachzügler auffiel. Deswegen brauchen wir jetzt eine transparente Debatte über Optionen für Uniper.“

Fossiler Kohle-Pfad

Konkret betreibt Uniper nach wie vor mehrere Gas-, Kohle- und Ölkraftwerke in Deutschland. Unter anderem das umstrittene Steinkohlekraftwerk Datteln 4 in Nordrhein-Westfalen. Beihilferechtliche Auflagen der EU-Kommission im Zuge der Verstaatlichung Unipers sehen vor, dass der Konzern das Kraftwerk bis 2026 verkauft. Aktuell ist Datteln 4 jedoch noch in Betrieb, trotz einem Urteil des Oberverwaltungsgericht Münster, wonach der Bebauungsplan für das Kraftwerk unwirksam ist – Datteln 4 hätte an diesem Standort nicht gebaut werden dürfen. Fabian Hübner, von Beyond Fossil Fuels, konstatiert: „Statt einer weiteren Hängepartie sollte Uniper mit der Abschaltung im eigenen Interesse Klarheit schaffen und mit diesem Signal an die Bundesregierung und Investoren die Klima- und Wirtschaftstransformation beherzt angehen.”

Zudem bleibe die Kohlelieferkette für Datteln 4 sowie die Kraftwerke Heyden und Scholven hochproblematisch, trotz Ausstiegs aus Steinkohleimporten aus Russland. Die russische Kohle wurde und wird durch Kohle aus Südafrika, Kasachstan und Kolumbien ersetzt, obwohl der Abbau in den genannten Ländern immense Schäden verursacht, kritisieren die Umweltorganisationen. Die Grüne Bundestagsabgeordnete Kathrin Henneberger war im letzten Jahr in Kolumbien vor Ort und berichtete: „Die großen Steinkohletagebaue im Norden Kolumbiens arbeiten mit Sprengungen, durch die das Gestein so gelockert wird, dass Kohle gefördert werden kann. Die Menschen in der Region leiden enorm unter der Feinstaubbelastung. Staublunge und Asthma sind weitverbreitet, schon bei Kindern. Auch das Wasser ist stark verunreinigt.“

Fossile Gas-Projekte

Gaslieferverträge bestehen auch nach der Entkonsolidierung mit russischen Firmen weiterhin mit autokratischen Staaten wie Aserbaidschan. Des Weiteren sind neue Gasprojekte und -lieferungen in Planung, die für erhebliche zusätzliche Treibhausgasemissionen und Bedrohung schützenswerter Biotope sorgen sowie den Lebensraum von Menschen gefährden. Laut Greenpeace problematisch ist etwa der geplante Einkauf von Flüssigerdgas von der australischen Westküste. Der australische Konzern Woodside plant dort ein Gasfeld in der Tiefsee, für das hunderte Kilometer Meeresböden gesprengt und ausgebaggert, Betonpfähle in den Meeresboden gerammt, kilometerlange Pipelines verlegt und Millionen Tonnen Schutt in einem der artenreichsten Meeresgebiete Australiens verklappt werden müssten, so Greenpeace.

Woodside ist zudem in den Bau von LNG-Infrastrukturen in den USA involviert, von wo es ebenfalls Lieferverträge mit Uniper nach Deutschland gibt. In Louisiana etwa sind Feuchtgebiete durch den Bau der Gasinfrastrukturen bedroht, wie auch die Lebensgrundlage von Fischern und indigenen Gemeinschaften, die zusätzlich verschmutzte Luft belastet. Dies geht aus einem Report vom Energieexperten Andy Gheorghiu sowie urgewald und Deutsche Umwelthilfe hervor. In Deutschland ist Uniper derweil Hauptbetreiber des ersten LNG-Terminals in Wilhelmshaven.

In einem Strategiepapier skizziert E3G, wie Uniper eine wirtschaftliche Transformation hin zu einem transparenten Pfad zur Klimaneutralität vorantreiben könnte. So sollte, statt eines Verkaufs, das Kohlekraftwerk Datteln 4 bis Ende 2026 geschlossen werden. Der Verkauf weiterer fossiler Unternehmenswerte sollte zudem dahingehend gestaltet sein, inwieweit Strom- oder
Speicherinvestitionen bis 2035 auf grünen Wasserstoff umgerüstet werden können. Neuinvestitionen dürfe es nur in Erneuerbare Energien und grünen Wasserstoff geben. Für Gas müsse es einen transparenten und nachvollziehbaren Ausstiegsplan geben, im Einklang mit den Klimazielen der Bundesregierung. mg

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