Energiearmut bekämpfenBesserer Zugang zu bezahlbarem Wohnraum

Menschen vor einer Bühne auf einem Platz
Im Projekt PREFIGURE nutzen die Forschenden das MobiLab, ein mobiles Mitmachlabor des KIT, um sich mit verschiedenen Interessengruppen über Lösungen zu energetischer Sanierung und Energiearmut auszutauschen. (Foto: Anna-Barbara Grebhahn, KIT)

Steigende Energiepreise verschärfen das Wohnraumproblem. KIT-Forscher wollen politische Entscheidungsträger und die Zivilgesellschaft zusammenbringen, um einen gemeinschaftlichen Ansatz bei der Bewältigung von Wohn- und Energiefragen zu fördern.

29.07.2024 – Die Menschen in Europa sind mit einer kombinierten Wohnungs- und Energiekrise konfrontiert, die das soziale Ungleichgewicht verschärft. Der Zugang zu bezahlbarem Wohnraum ist begrenzt und wird durch steigende Mieten und Energiepreise weiter erschwert. Einzelne Projekte zeigen, dass es Lösungsansätze gibt, vor allem wenn alle Beteiligten von Anfang an in die Planung mit einbezogen werden. Doch flächendeckende Maßnahmen und Ideen von Seiten der Politik fehlen. Das bietet zunehmend sozialen Sprengstoff in der Gesellschaft.

Kommunikation ermöglichen

Ein Forscherteam hat sich dem Thema angenommen und will Lösungen erarbeiten. Das vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) koordinierte und von der EU geförderte Projekt PREFIGURE zielt nun darauf ab, die vielschichtige Wohnungskrise zu bewältigen.

Die Forschenden untersuchen, wie Innovationen die Ungleichheiten und die Energiearmut beseitigen können. Darüber hinaus wollen sie wirksame wohnungspolitische Maßnahmen identifizieren und Erkenntnisse für nachhaltige Veränderungen gewinnen.

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Soziale Ungleichheiten im Fokus

Energiearmut bedeutet, dass Haushalte grundlegende Energiedienstleistungen wie Heizen, Kühlen, Beleuchtung, Kochen und Strom nicht bezahlen können, erläutert das KIT-Team. Gründe dafür könnten geringes Einkommen, hohe Energiekosten oder ein schlechter Gebäudestandard sein.

„Der Mangel an erschwinglichem Wohnraum in Verbindung mit steigenden Energiekosten verschärft soziale Ungleichheiten und die Energiearmut“, sagt Professor Michael Janoschka vom Institut für Regionalwissenschaft des KIT. „Die Renovierung bestehender Wohnungen wird zwar als Lösung vorgeschlagen, aber es ist zu befürchten, dass sich die Lage dadurch noch weiter zuspitzt.“ Deshalb konzentriere sich PREFIGURE darauf, den Zugang zu bezahlbarem und nachhaltigem Wohnraum in verschiedenen europäischen Städten zu

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Wege zu gerechten und nachhaltigen Wohnlösungen in Europa

Im Projekt wollen die Forschenden verstehen, wie verschiedene soziale, politische und wirtschaftliche Innovationen dazu beitragen können, dass Wohnraum nachhaltig saniert wird und gleichzeitig bezahlbar für die Bewohnenden bleibt. „Damit wollen wir zu gerechteren und ökologisch nachhaltigeren Wohnlösungen in Europa beitragen“, so Janoschka. Außerdem untersuchen er und sein Team, wie Eigentümerinnen und Eigentümer sowie Mieterinnen und Mieter finanzielle Anreize für den Umbau zu energieeffizienten Gebäuden annehmen – und wie diese Veränderungen wahrgenommen werden.

Mobiles Mitmachlabor – gemeinsam Lösungen erarbeiten

„Das gesammelte Wissen über innovative Praktiken für nachhaltigen Wohnungsbau und die Energiewende wollen wir dann zugänglich und erlebbar machen. Deshalb erarbeiten wir in einem mobilen Mitmachlabor, dem MobiLab, gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern der jeweiligen Stadt konkrete Lösungen und geben diese an lokale und regionale Entscheidungstragende vor Ort weiter“, erläutert Janoschka. Das könne ihnen dabei helfen, fundierte Entscheidungen zu treffen, die nachhaltiges Wohnen fördern.

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Wohnungs- und Energiefragen gemeinschaftlich angehen

Das Projekt PREFIGURE integriert dabei verschiedene Disziplinen wie Humangeografie, Architektur, Stadtplanung und Stadtsoziologie. Dieser interdisziplinäre Ansatz soll zu einem besseren wissenschaftlichen Verständnis komplexer Themen wie Ungleichheit im Wohnungswesen und Energiearmut beitragen, so die Forschenden.

Um die Zusammenhänge zwischen Wohnen, Energieeffizienz und sozialer Ungleichheit besser zu verstehen, sollen die erarbeiteten Konzepte zudem die Urbane Politische Ökologie und Ökonomie berücksichtigen. Das Projekt untersuche somit nicht nur die alltäglichen Konsequenzen der energetischen Sanierung des Baubestands für Bewohnerinnen und Bewohner, heißt es im Forschungsbericht, es erfolge darüber hinaus auch eine vergleichende Analyse der gesellschaftspolitischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sowie eine Beachtung der ökologischen Vorteile nachhaltigen Bauens und Wohnens.

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„Wir beziehen sowohl politische Entscheidungstragende als auch die Zivilgesellschaft und andere Interessengruppen ein, um voneinander zu lernen und einen gemeinschaftlichen Ansatz bei der Bewältigung von Wohnungs- und Energiefragen zu fördern“, so Janoschka. Dieses Engagement sei entscheidend für die nachhaltige Entwicklung der Gemeinschaft und den sozialen Zusammenhalt vor Ort. „Am Ende können wir Innovationen aufzeigen und politische Maßnahmen empfehlen, die erschwinglichen, zugänglichen und energieeffizienten Wohnraum für alle sichern“, ist Janoschka überzeugt.

Die Forschenden stellen das Projekt am Stand des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz auf der Thessaloniki International Trade Fair (T.I.F) im September 2024 vor. PREFIGURE läuft von April 2024 bis März 2027 und verfügt über ein Gesamtbudget von rund drei Millionen Euro.

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