10 Jahre Bündnis BürgerenergiePioniere des Ladesäulenmanagements

Carport mit Photovoltaik in Bansin, Elektro-Autos und Menschen
Für den Bau und das Management von Ladeinfrastruktur hat sich die Inselwerke eG viel Wissen angeeignet und inzwischen auch viel Erfahrung gesammelt.  (Foto: Inselwerke eG)

Die Inselwerke sind erfahrener Servicedienstleister für Betrieb und Abrechnung von Ladesäulen. Außerdem installiert die Genossenschaft Photovoltaikanlagen für sich und Dritte – der Handwerkermangel ließ sie diesen Weg einschlagen.

13.08.2024 – Die Inselwerke wurden in Usedom gegründet, der Stadt, die der Ostseeinsel ihren Namen gibt. Die Genossenschaftsgründer:innen waren zuvor in einer Initiative aktiv, die Wissen rund um Erneuerbare Energien in die Breite trug. Zwei Ausstellungen organisierte der Verein, dann war klar – man wollte mehr tun und den Ausbau Erneuerbarer Energien mit eigenen Projekten voranbringen. Noch während der Recherche zur Wahl der Rechtsform begannen die Planungen für erste mögliche Projekte. Eines davon war ein Nahwärmenetz auf Basis von Holzhackschnitzeln. Das zweite Projekt eine Solaranlage auf dem Dach eines Museums.

Nahwärmenetz und Solardach als Auftakt

Das Genossenschaftsmodell überzeugte am Ende die Aktiven: die gleichberechtigte Stimme jedes Mitglieds unabhängig von der Höhe der Einlage war ein starkes Argument und die relativ einfache Möglichkeit der Kapitalerhöhung. Zehn Mitglieder gründeten 2013 die Inselwerke. Der Bau eines Nahwärmenetzes hatte sich jedoch inzwischen zerschlagen. Madlen Haney, Gründungsmitglied und seit 2017 im Vorstand der Inselwerke berichtet: „Die Gaspreise waren gefallen. Wir waren mit der Nahwärme zwar nicht teurer als Gas, aber eben auch nicht preiswerter. Hinzu kam Misstrauen von Seiten der Gemeinde. Und so wurde das Projekt, für das schon viel Vorarbeit geleistet worden war, ad acta gelegt. Das war für uns der erste Dämpfer.“ Das Solardach auf dem Technikmuseum hingegen konnte kurz nach der Genossenschaftsgründung realisiert werden, ein Erfolg. Ihren Ideenreichtum und ihr ganzheitliches Denken bewiesen die Inselwerker 2015, ebenfalls in ihrer Gründungsphase. Sie tauschten 49 Leuchtköpfe in den Straßenleuchten der Gemeinde aus. Die Energiesparlampen brauchen weniger Strom als die alten konventionellen Leuchten.

Das Geschäftsfeld Ladeinfrastruktur

Weitere Photovoltaikprojekte waren schwer auf die Beine zu stellen, auch weil sie sich aufgrund der gekürzten sowie unsicheren EEG-Vergütungen kaum rechneten. Die Genossenschaft nahm ein anderes – auf der Ferieninsel Usedom sehr offensichtliches Problem – ins Visier. In den Sommermonaten verstopfen die Autos der Urlauber die Straßen, machen die Fortbewegung auf der Insel für Gäste und Einheimische gleichermaßen zur Qual. „Wir wollten ein Zeichen setzen, Erneuerbare Energien in den Tank bekommen. Wir setzten uns zum Ziel Ladeinfrastruktur zu bauen, um das Henne-Ei-Problem beim Elektroauto zu lösen.  Das war damals echte Pionierarbeit, denn 2014 stand die Elektromobilität noch am Anfang“, erzählt Haney. Geplant war, die Ladepunkte vor allem dort zu errichten, wo sich die Menschen auch aufhalten. Verschiedene Ideen und Konzepte wurden diskutiert, 2017 der erste Carport gebaut.

Vor allem kleinere Hoteliers und Gewerbetreibende erwiesen sich als interessierte und pragmatische Partner. Ein Bioladen, eine Kunstscheune und ein Ferienwohnungsvermieter stellten ihre Elektroanschlüsse zur Verfügung, um die die ersten Ladesäulen zu errichten. Selbstredend hatten sie selbst einen Ökostrom-Vertrag, so dass der Strom aus der Ladesäule ebenfalls Ökostrom war.

Die Genossenschaft stellte gemeinsam mit einem Ladesäulenhersteller ein Backend auf die Beine und nahm eine Hotline in Betrieb, um das Ladekarten-Chaos zu beenden. Außerdem widmete sie sich dem Abrechnungsservice rund um die Ladevorgänge. Neben der Finanzierung und dem Bau der Ladesäulen agiert die Genossenschaft als Betreiber und kümmert sich um die Abrechnungen. 2016/2017 waren bereits 30 Ladepunkte in Betrieb. Nicht alle waren selbst errichtet, aber eben alle von der Genossenschaft betrieben. Die Software wurde angepasst, eine Hotline eingerichtet, damals liefen die Anrufe noch auf den Privathandys der Vorstände auf.

Die Wirtschaftlichkeit der einzelnen Ladepunkte hängt stark vom Standort ab. Dort, wo viel aufgeladen wird, vor allem an Küstenstandorten, rechnen sich die Säulen auf jeden Fall, wie René Tettenborn, ebenfalls Gründungsmitglied und Vorstand, berichtet. Das Know-how konnte die Genossenschaft über das Netzwerk der Bürgerwerke weitertragen und ausbauen. Inzwischen übernehmen die Inselwerke die Servicedienstleistung im Bürgerladenetz in Kooperation mit anderen Genossenschaften.

Photovoltaik im Aufwind

Ab 2018 gerieten wieder mehr Photovoltaikprojekte ins Blickfeld. Inzwischen waren die Inselwerke nach Eberswalde umgezogen. Doch für die Projekte waren nur schwer Fachfirmen zu finden. Haney erinnert sich: „Das war der Punkt, wo wir gesagt haben, eigentlich müssten wir das selbst machen. Einer der Vorstände hatte schon viele Jahre in einem Ingenieurbüro für ökologische Haustechnik gearbeitet. Da war dieser Gedanke naheliegend.“ Mit Kleinstanlagen ging es los, zwischen zwei und 10 Kilowatt Leistung, auch mit technisch versierten Bauhelfern.

Allmählich wurde eine Infrastruktur für den Installationsbetrieb aufgebaut und jedes Jahr wuchs die Zahl der realisierten Anlagen. 2022 wurde ein Bauleiter eingestellt, inzwischen gibt es ein Planungs- und ein Bauteam, die PV-Anlagen für Dritte errichten. Im letzten Jahr entstand auf diese Weise eine Photovoltaikleistung von 1,2 Megawatt. Auch eine größere eigene Anlage errichtete die Genossenschaft mit 600 Kilowatt Leistung auf einer Gewerbeimmobilie, Ladepark für E-Autos inklusive. Das besondere an diesem Projekt: Zusammen mit einem Partner-Unternehmen wird hier solares Laden angeboten. Wenn die Sonne scheint, lädt man günstiger.

Auch in diesem Jahr stehen einige Projekte an. Mit strategischen Partnern sollen auch größere Anlagen gebaut werden. Für die Planung und bauliche Umsetzung von Agri-Photovoltaik-Anlagen ist das notwendige Wissen vorhanden und wurde bereits in konkreten Projekten eingebracht. 

135 Mitglieder zählt die Genossenschaft Inselwerke und 25 feste Mitarbeiter. In den beiden vergangenen Jahren konnten Ausschüttungen an die Mitglieder gezahlt werden. „Die politischen Entscheidungen der letzten beiden Jahre haben für uns positive Auswirkungen“, konstatiert Tettenborn. „Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine hat nochmal viele Privatpersonen wachgerüttelt hat und das Thema Energieversorgung steht viel stärker im Fokus.“ Bei der Ladeinfrastruktur ist der Boom nicht ganz so spürbar.

Tettenborn nennt auch Gründe dafür: „Es gab lange viele Unsicherheiten und keine klaren Regeln. Am Anfang, so etwa 2015, waren die Stecker nicht genormt und man wusste nicht, welche Norm sich durchsetzen würde und welche Anforderungen Ladestationen erfüllen müssen. Im Eichrecht gab es weitere Regelungslücken, die ebenfalls inzwischen geklärt sind. Prozesse für Kundenidentifikation und Bezahlung mussten auch erst gefunden werden.  Dann kam letzte Jahr das abrupte Ende der Förderung für Elektroautos und gleichzeitig gibt es keine Förderung für Ladeinfrastruktur, was bei den oft hohen Kosten für einen leistungsstarken Netzanschluss für so kleine Akteure wie uns nicht zu stemmen ist. So erobern sich große finanzstarke Unternehmen den Markt.“

Die Inselwerke haben sich immer vor allem für Projekte im ländlichen Raum engagiert. Gerade bei der Ladeinfrastruktur tun sich hier ganz andere Herausforderungen als in Ballungsräumen auf. Viele kleine Lade-Standorte aufzubauen in Regionen, wo Netzbetreiber sich schwertun mit Netzanschlüssen, davor scheuen sogar große Unternehmen zurück. „Hier brauchen wir Unterstützung in Form von Förderung“, so der Appell von Haney und Tettenborn. Sie plädieren dafür, mit realistischen Vorstellungen eine ganzheitliche Energiewende umzusetzen. Petra Franke

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