Geothermie zum AnfassenSchrägbohrtechnik bringt Erdwärme unter den Bestandsbau

Computerskizze GeoStar: Durch die Schrägbohrtechnik erreichen die Erdwärmesonden auf Wärmereservoire unterhalb von bestehenden Gebäuden, hier am Beispiel des Institutsgebäudes des Fraunhofer IEG.
Computerskizze GeoStar: Durch die Schrägbohrtechnik erreichen die Erdwärmesonden auf Wärmereservoire unterhalb von bestehenden Gebäuden, hier am Beispiel des Institutsgebäudes des Fraunhofer IEG. (Rendering: Fraunhofer IEG)

Erdwärmesonden in 150 Metern Tiefe heizen und kühlen das Audimax der Hochschule Bochum effizient und nachhaltig. Mit Einsatz von Schrägbohrtechnik kann Untertage ein großes Erdreichvolumen bei minimalem Flächenbedarf an der Oberfläche genutzt werden.

08.08.2024 – Das geothermische Heiz- und Kühlsystem GeoStar 2.0 ist vor kurzem offiziell eingeweiht worden, berichten die Hochschule Bochum und das Fraunhofer IEG, Partner im Projekt Mitteltiefe Geothermie. Als Highlight des Projektes gilt ein begehbarerer Geothermie-Verteilerschacht, der die Anlage zugänglich macht.

Die 12 sternförmig angeordneten Erdwärmesonden in einer Tiefe von 150 Metern versorgen das Audimax der Hochschule mit 350 Sitzplätzen bereits seit 2018 – im Winter mit Erdwärme (Heizlast: 95 kW, über eine Wärmepumpe) und im Sommer mit Erdkälte (Kühllast: 55 kW, passive Kühlung) aus dem konstant 12 Grad Celsius warmen Untergrund. Die Anlage war eine Weiterentwicklung des Systems GeoStar 1, das seit 2014 zuverlässig das Gebäude des Fraunhofer IEG auf dem gleichen Bochumer Campus versorgt.

Entwickelt vom Fraunhofer IEG, zeichnet sich das System GeoStar 2.0 durch den Einsatz der Schrägbohrtechnik aus, der Untertage ein großes Erdreichvolumen bei minimalem Flächenbedarf an der Oberfläche nutzt. So reichte der knappe Raum zwischen bestehenden Gebäuden aus, um die Erdwärme unter den Gebäuden zu erschließen. Nach Abschluss der Bohrarbeiten und der Anbindung an das Gebäude ist von der geothermischen Anlage fast nichts mehr zu sehen, demonstrierten die Projektbeteiligten bei der offiziellen Eröffnung der Anlage.

Einblick in die Anlagentechnik

Um die verborgene Technik des Prototyps erfahrbar zu machen, wurde ein begehbares Verteilerbauwerk umgesetzt. Das ist kongenial in die Campusumgebung integriert: Eine Glaskuppel mit umliegender kreisrunder Bank sowie Tische bilden einen kommunikativen Treffpunkt und laden zum Verweilen ein – durch die Glaskuppel kann man gleichzeitig die geothermische Anlage des GeoStar 2.0 betrachten. „Das Ziel des Verteilerbauwerkes ist es, Geothermie zu erklären und nahbar zu machen“, erläutert Jonas Güldenhaupt, Bohrmeister des Fraunhofer IEG, die Anlage.

Der im Boden versenkte Raum ist vollständig begehbar und zeigt die Anbindung aller Erdwärmesonden an den Verteilerbalken sowie die Technik zum Regeln, Steuern und Überwachen des untertägigen Anlagenteils. Gruppenführungen für Planer aus den Bereichen TGA, Quartiere, Stadtwerke und Energietechnik können auf Anfrage ermöglicht werden. Zudem soll bald eine Augmented Reality App zur Anlage angeboten werden.

Blaupause für Anlagenkonzepte in Bestandsbauten

Der GeoStar für das Hörsaalgebäude der Hochschule Bochum ist bereits der zweite erfolgreich umgesetzte GeoStar in Deutschland. Die erste Version beheizt und kühlt seit mehreren Jahren erfolgreich den Bochumer Campus des Fraunhofer IEG. Dort wurden gleich 20 Schrägbohrungen mit 200 m Länge niedergebracht und die Gesamtanlage mit einem aufwendigen Monitoring-System versehen, berichten die Akteure. Mit dieser Forschungsinfrastruktur könne nicht nur klimatisiert werden, sondern es entstehen wichtige Erkenntnisse für die nun anstehende Kommerzialisierung des Anlagenkonzepts in Bestandsbauten, so die Forscher.

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Erfolgsrezept für die Wärmewende

„Das erfolgreiche GeoStar-Konzept zeigt, wie auch der Bestandsbau seinen Untergrund zum klimaneutralen Heizen und Kühlen nutzen kann“, erläutert Gregor Bussmann, am Fraunhofer IEG Ansprechpartner für die GeoStar-Technologie. „Schlanker Bohrbetrieb, kombinierte Kühl- und Heiztechnik und smarte Betriebsführung sind die Erfolgsfaktoren für die Wärmewende in gewachsenen innerstädtischen Wohn- und Gewerbegebieten.“

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