(Foto:DGS-Franken / Thomas Riese)

Meinung 29.07.2024

Solarthermie als Aspirin im Klimaschutz – wirkt schnell und ist einfach

Die Solarthermie-Anlage auf dem Hausdach ist nicht mehr en vogue, auch weil die Politik andere Akzente setzt. Ohne Not wird auf etwas verzichtet, das schnell Emissionen reduzieren kann – und auch für viele Hausbesitzer finanziell leistbar ist.

Matthias Hüttmann, Publizist


Meinung 29.07.2024

Solarthermie als Aspirin im Klimaschutz – wirkt schnell und ist einfach

Die Solarthermie-Anlage auf dem Hausdach ist nicht mehr en vogue, auch weil die Politik andere Akzente setzt. Ohne Not wird auf etwas verzichtet, das schnell Emissionen reduzieren kann – und auch für viele Hausbesitzer finanziell leistbar ist.

(Foto:DGS-Franken / Thomas Riese)

Matthias Hüttmann, Publizist



29.07.2024 – Die Wärmewende als notwendiges Standbein einer klimafreundlichen Energieversorgung ist mittlerweile auch in der Politik angekommen. Im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) arbeitet man eifrig an deren Umsetzung. So macht das Wärmeplanungsgesetz (Gesetz für die Wärmeplanung und zur Dekarbonisierung der Wärmenetze) durchaus Hoffnung. Auch die Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) soll dazu beitragen, die Klimaziele zu erreichen. In dem Zusammenhang wird jedoch weniger an die „kleine Solarthermie“ auf Hausdächern, sondern wenn überhaupt, an die große Freiflächen-Solarthermie gedacht. Die Prämisse „ohne Solarthermie keine Wärmewende“ scheint sich daher inhaltlich immer mehr vom Gebäude hin zur Fläche zu bewegen. Aber ist das eigentlich die richtige Strategie, wird hier nicht ein wesentlicher Baustein übersehen und ohne Not auf etwas verzichtet, dass schnell zur Reduktion von Emissionen beitragen würde?

Dass die Solarthermie unverzichtbar ist, gilt als Binsenweisheit, die aber nicht überall verstanden wird. So war die Solartherie bislang leider noch nicht die große Nummer für den Klimaschutz. Denn trotz riesigem Potential beträgt ihr Anteil an der Wärmeversorgung in Deutschland gerade mal 1,5 Prozent. Und selbst in den Berliner Ministerien scheint sie, vielleicht auch aufgrund der dort fehlenden Marktkenntnis, nur noch groß sein zu können, sprich als Wärmeerzeuger von Wärmenetzen vorstellbar. Aber der Gebäudebestand ist, bei aller Euphorie um die Erfolge beim Zuwachs regenerativ erzeugten Strommengen, eines unserer Kernprobleme: Die Sanierungsquote ist unterirdisch niedrig. Und bekommen wir die Dekarbonisierung der Wärmeversorgung nicht in den Griff, wäre eine Verfehlung unserer Klimaziele zwangsläufig die Folge. Nur wie kann die Wärmeversorgung defossilisiert werden, wenn wir weiterhin aus der Henne-Ei-Teufelskreis nicht herausfinden? Dieser Teufelskreis hängt in der Endlosschleife, in der zwar durchaus Technologien für einen wärmebedarfsreduzierten Gebäudebestand existieren, diese aber nicht auf das Gros der Gebäude zu passen scheinen.

Mal angenommen, es herrschte Konsens darüber, dass die Solarthermie für die Wärmewende unverzichtbar sei, dann wäre es wichtig, sie nicht nur im großen Maßstab zu denken und einzusetzen, sondern ganz pragmatisch als „Stauumfahrung“ im kleinen Einfamilienhaus-Maßstab zu nutzen. Dieser Begriff stammt im Übrigen vom Architekten Florian Lichtblau, der sich schon lange einen Namen bei äußerst ansprechenden Grunderneuerungen, sprich der energetischen Gebäudesanierung, gemacht hat. Er bietet eine Lösung für die seit Jahren zu geringe Sanierungsrate im Bestand, die die durchaus ehrgeizigen Klimaziele gefährdet. Denn von den rund 19,5 Mio. Wohngebäuden sind etwa 16,5 Mio. Einfamilienhäuser. Deren Sanierungsrate liegt derzeit bei 0,67 Prozent; eine signifikante Steigerung ist, trotz vielmals geäußerter Ambitionen von Seiten der Politik, nicht in Sicht.

Beheizt werden diese Einfamilienhäuser zu 80 Prozent mit fossilen Heizsystemen. Würde man diese in einer ersten Maßnahme solar unterstützen, sollte das bereits eine klimaentlastende Umfahrung des Sanierungsstaus bewirken. Mit dem Einbau einer Solarthermie-Anlage gleich zu Beginn könnte im Anschluss schrittweise mit den Sanierungsaktivitäten fortgefahren werden. Die Solarthermie bliebe dabei in jedem Sanierungsstadium kompatibel und würde einen wertvollen Wärmebeitrag liefern. Bekanntlich beendet die solarthermische Dekarbonisierung im Sommer den Widersinn der Warmwasser-Erzeugung durch Verbrennung – und das mit vergleichsweise höchstmöglicher Flächeneffizienz. Fast schon ein wenig skurril ist das Ignorieren dieser Technologie auch, wenn man bedenkt, dass die Erträge der Solarthermie, wird sie als Heizungsunterstützung realisiert, umso höher werden, je schlechter die Gebäude sind. Reduzierungen von Treibhausgasemissionen wären daher sehr schnell erreichbar. Die Solarthermie könnte das „Aspirin im Klimaschutz“ sein: sie wirkt schnell und ist einfach. Eine echte erneuerbare Brückenlösung, wenn man so will. Wird das Gebäude später saniert, kann sie ja weiterhin in Funktion bleiben, auch wenn ihre Erträge dann sinken. Schließlich können wir uns es nicht leisten, untätig auf die Modernisierung der Gebäude zu warten.

Einen ähnlichen Ansatz präferiert Ulrich Leibfried vom Unternehmen Consolar. Er schlägt beispielsweise vor, neben die bestehenden Gas- oder Ölkessel in einer ersten Stufe ein Hybridsystem aus PVT-Kollektoren und Wärmepumpe zu stellen. Von da an würde das Hybridsystem mit einer moderaten Kollektorfläche und vergleichsweise geringen Investitionen einen Großteil der Energielieferung übernehmen. In einer zweiten Stufe könnte dann die Gebäudesanierung erfolgen, die zum Ziel hat auf den Betrieb des Gaskessels vollkommen verzichten zu können. Hierzu müssten jedoch für den monovalenten Betrieb geeignete PVT-Kollektoren verwendet werden. Diese PVT-Kollektoren in Form von Luft-Sole-Kollektoren dienen der Wärmepumpe als alleinige Niedertemperatur-Wärmequelle. Speziell bei monoenergetischen Anlagen verbessern sie die Effizienz der Wärmepumpe deutlich – ganz im Gegensatz zu den heute überwiegend eingesetzten Luft-Wärmepumpen. Dazu produzieren sie noch „nebenbei“ lautlos den Jahresstromverbrauch der Wärmepumpe. Der Einsatz in Siedlungsgebieten mit geringen Abstandsflächen ist daher geräuscharm und recht einfach zu realisieren. Ein Umbau des Heizsystems konform zur 65 Prozent EE-Vorgabe ist so möglich. Selbst bei einem Parallelbetrieb des Heizkessels bekommt die Wärmepumpe entsprechend Vorrang.

Das Charmante an der Solarthermie: sie hat ihre Qualitäten, speziell wenn sie mit anderen Wärmeerzeugern auftritt. Und da Gas und Öl ersetzt werden müssen, könnte sie gut dabei helfen. Zum Verständnis: Nahezu jedes Haus, dass älter als 50 Jahre ist – das hat Stephan Mathéz vom Schweizer Bundesamt für Energie sehr schön formuliert – birgt ein kleines Museum der Heizungstechnik. Und dazu noch: 2023 wurden so viele Gas- und Ölkessel neu eingebaut, wie schon lange nicht mehr. So werden die Gebäude in Deutschland zu zwei Dritteln durch Öl und Gas mit Wärme versorgt. Bedenkt man, dass die Biomasse bereits an der Kapazitätsgrenze angekommen ist – in Österreich sind bei einem Holzimportanteil von 39 Prozent bereits etwa 89 Prozent des verfügbaren Holzes in der Nutzung – , dann wird schnell klar: hier sind Grenzen schon deutlich überschritten.

Leider finden sich im BMWK nicht mehr allzu viel Befürworter:innen für den Einsatz von Solarthermie in Einfamilienhäusern. Vielmehr ist von dort zu hören, dass Solarthermie eine lebensverlängernde Maßnahme für Gaskessel sei. Das ist zwar rein theoretisch betrachtet nicht ganz verkehrt, aber leider wenig realitätsbezogen. Es gibt da durchaus einen gegensätzlichen Aspekt: Solarthermie verlängert die Lebensdauer von Komponenten, da sie den Sommer entlastet und Heizkessel in den Sommermonaten aus dem hoch-ineffizienten Teillastbereichen nimmt. Den Sommer zu dekarbonisieren ist daher am einfachsten. Weshalb sollten wir nicht damit beginnen? Zurück zur Sanierung: findet die „auf einen Rutsch“ statt, sieht das sicherlich anders aus, aber diese ist leider nicht die Regel, sondern die Ausnahme.

Neuen Kommentar schreiben


Name: *
E-Mail: *
(wird nicht veröffentlicht)
Nicht ausfüllen!


Kommentar: *

max 2.000 Zeichen