Afrikanische Länder in der KlimakriseSie tragen keine Schuld, aber enorme Kosten

Kinder schöpfen Wasser mit Eimern vom überschwemmten Boden ab.
Kinder im Süd-Sudan kämpfen gegen Überschwemmungen an (Bild: Aropmathewdaniel, Wikimedia Commons, CC BY-SA 4.0)

Für die menschengemachte Klimakrise sind sie nicht verantwortlich und leiden zugleich extremer als andere unter deren Folgen. Afrikanische Länder müssen hohe Kosten für Anpassung und Bewältigung tragen. Internationale Hilfe ist wichtiger denn je.

05.09.2024 – Das Jahr 2023 war das bislang schlimmste für das Leben der Menschen in Afrika im Angesicht der Klimakrise. Das weltweit heißeste jemals gemessene Jahr, schlug insbesondere in mehreren afrikanischen Ländern mit Wetterextremen zu. „In den letzten 60 Jahren hatte Afrika steigende Temperaturen zu verzeichnen, die schneller voranschritten als im globalen Durchschnitt. 2023 hatte der Afrika mit tödlichen Hitzewellen, Starkregen, Überschwemmungen, tropischen Wirbelstürmen und anhaltenden Dürreperioden zu kämpfen“, sagt die Generalsekretärin der Weltwetter-Organisation (WMO) Celeste Saulo.

In Tunesien etwa sorgten extreme Dürreperioden für einen Rückgang der landwirtschaftlichen Produktion von 80 Prozent. Auch Nigeria, Benin und Ghana hatten aufgrund eines Regendefizits extreme Einbrüche bei den Ernteerträgen zu verzeichnen. In Libyen, Kenia, Somalia und Äthiopien wiederum sorgten Stürme für Überschwemmungen mit über 8.000 Toten und über zwei Millionen Menschen, die ihre Heimat vorübergehend oder vollständig verlassen mussten. Steigende Temperaturen sorgen neben Hitze und Dürre auch für stärkere Regenfälle und Zyklone, die über den wärmeren Meeren mehr Wasser aufnehmen können.

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Tödliche Folgen der Klimakrise

Die Klimakrise zeigt sich wieder in verheerenden Facetten. In Bangladesch, Mali und Nigeria sterben Menschen in Fluten der Monsune und eine nachträgliche Untersuchung der letztjährigen Hitzewelle in den USA zeigt ebenfalls schreckliche Ausmaße.

Wirtschaftswachstum Adé?

Ausgehend von diesen erschreckenden Ereignissen und Erkenntnissen, die angesichts der Klimakrise in den kommenden Jahren zum Normalfall werden können, hat die WMO analysiert, was die Folgen der Klimakrise afrikanische Länder kostet. Die Ergebnisse: Die Länder Sub-Sahara Afrikas müssten bis 2030 zwei bis drei Prozent ihrer Wirtschaftsleistung – ihres Bruttoinlandsprodukts – jährlich aufwenden, um sich an die Klimawandelfolgen anzupassen. Jährlich zwei bis fünf Prozent Wirtschaftsleistung gehen in ganz Afrika jährlich in den Wetterextremen verloren und bis zu neun Prozent des staatlichen Budgets müssten die Staaten auf dem Kontinent aufwenden, um einigermaßen angemessen auf Hitze, Dürre und Überschwemmungen reagieren zu können.

Summen und Einschnitte, die den afrikanischen Ländern die letzte Kraft rauben könnte, wirtschaftlich aufzuschließen. Sollten bis 2030 keine adäquaten Maßnahmen ergriffen werden, bestehe laut WMO die Gefahr, dass bis zu 118 Millionen Menschen auf dem afrikanischen Kontinent in extremen Armutsverhältnissen den Wetterextremen schutzlos ausgeliefert sind. Umso mehr bedarf es der internationalen Staatengemeinschaft, den afrikanischen Kontinent und den gesamten Globalen Süden bei Klimaschutz und Klimaanpassung zu unterstützen – darüber sind sich die teilnehmenden Länder der jährlich stattfindenden Klimakonferenzen grundsätzlich einig. Nur über Ausgestaltung und einzahlende Staaten gibt es Uneinigkeit.

Hoffnung Klimakonferenzen?

2009, auf der Klimakonferenz in Kopenhagen, beschloss die Gruppe der Industrieländer, die historisch hauptverantwortlich für die menschengemachte Klimakrise sind, spätestens ab 2020 100 Milliarden US-Dollar jährlich für Klimaschutz und Klimaanpassung bereitzustellen. Laut OECD – der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, dem Verbund der Industriestaaten – wurde dieses Ziel 2022 mit der Mobilisierung von 116 Milliarden US-Dollar erstmals erreicht. Doch an der Erreichung dieses Ziels gibt es erhebliche Zweifel.

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Klimafinanzierung doch verfehlt?

Angaben der Geberländer zufolge wurde 2022 erstmals das Ziel zur jährlichen Klimafinanzierung ärmerer Länder erreicht. Doch weit gefehlt, sagt Oxfam. Die tatsächlich erbrachte Leistung betrage gerade mal ein Drittel.

Zudem bräuchte es für Klimaschutz und Klimaanpassung sowie Gelder wegen Schäden und Verluste nach Berechnungen der Vereinten Nationen jährliche Mittel von bis zu einer Billionen US-Dollar. Der Topf für Schäden und Verluste – loss and damage fund – wurde erst auf der letzten Klimakonferenz ins Leben gerufen und angefangen mit Mitteln zu füllen. Auf der kommenden COP29 in Aserbaidschan haben es sich die Staaten zum Ziel gesetzt über eine Anhebung der Klimafinanzierung ab 2025 zu verhandeln.

Doch die Klimakonferenz in Bonn Mitte Juni, die als Vorverhandlung für die COP gilt, sowie ein Treffen der G7 Staaten im selben Zeitraum, brachte keine Fortschritte in dieser Hinsicht. Die bisherigen Geberländer, aus der Europäischen Union und den USA sind bislang nicht bereit mehr zu geben. Länder wie China, Saudi-Arabien und weitere weigern sich überhaupt Gelder zur Verfügung zu stellen. Zwar keine historischen Industriestaaten, gehören sie inzwischen zur globalen Wirtschaftselite und verursachen ebenfalls immense Treibhausgasemissionen.

Afrikanische Länder müssten unter anderem besser mit meteorologischen und hydrologischen Diensten ausgestattet werden, fordert die WMO. Damit diese frühzeitig Wetterextreme erkennen und die Bevölkerung warnen können. Dafür brauche es auch bessere Frühwarnsysteme gegenüber der Bevölkerung. Extremwetterereignisse setzen sich auch 2024 fort. „Teile im Süden Afrikas sind im Griff einer zerstörenden Dürre. Außergewöhnliche Regenfälle verursachten Tod und Zerstörung in ostafrikanischen Ländern, wie kürzlich im Sudan und Süd-Sudan. Das verschärft die bereits existierende humanitäre Krise“, sagt  WMO-Generalsekretärin Saulo. Seit einem Jahr herrscht im Sudan Bürgerkrieg. Die Klimakrise und Kampf um knappe Ressourcen befördert Konflikte, die wiederum Menschen hindern, sich dem Klima anzupassen. mg

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