IndustriestaatenKlimafinanzierung doch verfehlt?

Ausgetrockneter See mit abgestorbenen Bäumen
Ausgetrockneter See in Sri Lanka: Klimaanpassungsmaßnahmen dringend nötig (Foto von Chamika Jayasri auf Unsplash)

Angaben der Geberländer zufolge wurde 2022 erstmals das Ziel zur jährlichen Klimafinanzierung ärmerer Länder erreicht. Doch weit gefehlt, sagt Oxfam. Die tatsächlich erbrachte Leistung betrage gerade mal ein Drittel.

09.07.2024 – Fast 116 Milliarden US-Dollar mobilisierten die Geberländer 2022 laut Angaben der OECD für die Klimafinanzierung. In der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung tummeln sich vor allem die Länder, die als historische Industrieländer Hauptverantwortung für die Klimakrise tragen, während ärmere Länder des Globalen Südens die Hauptlast an den bereits verheerenden Auswirkungen der Klimakrise tragen. Bereits 2009 – auf der Klimakonferenz in Kopenhagen – hatten sich die Industrieländer dazu verpflichtet, die finanzielle Unterstützung für Klimaschutz und Klimaanpassung in ärmeren Ländern bis 2020 auf jährlich 100 Milliarden US-Dollar zu steigern.

Doch dass dieses Ziel 2022 erreicht wurde, daran äußert die Hilfs- und Entwicklungsorganisation Oxfam erhebliche Zweifel. Eigenen Berechnungen nach kommt Oxfam nur auf eine tatsächlich erbrachte Leistung der Industrieländer von 28-35 Milliarden US-Dollar. Der Grund: Fast 70 Prozent der Klimafinanzierung aus öffentlichen Mitteln werde in Form von Klima-Krediten bereitgestellt. Für zinsvergünstigte Kredite müssten die Geberländer nur die Zinsvergünstigung ermöglichen und so oft nur eine vergleichsweise geringe finanzielle Anstrengung erbringen. Häufig aber würden die Kredite sogar zu marktüblichen Konditionen vergeben, was es den Geberländern ermögliche, aus diesen Krediten noch Gewinn zu erzielen.

Widerspricht allen Prinzipien der Gerechtigkeit

Jan Kowalzig, Oxfam

Jan Kowalzig, Referent für Klimapolitik bei Oxfam, sagt: „Allein die Tatsache, dass die Industrieländer ihre Unterstützung vor allem über Kredite bereitstellen, widerspricht allen Prinzipien der Gerechtigkeit, denn diese Kredite können die Schuldenlast der einkommensschwachen Länder weiter verschärfen - zur Bewältigung der Klimakrise, zu der diese Länder oftmals kaum oder gar nicht beigetragen haben.“ Die Geberländer würden ein übertrieben rosiges Bild ihrer finanziellen Hilfen für Klimaschutz und Anpassung in den einkommensschwachen Ländern zeichnen.

In ihrer Analyse bemaß Oxfam die Kredite nicht nach ihrem Nennwert, sondern nach ihrem Zuschussäquivalent. Das ist eine rechnerische Größe, die sich aus den Kreditkonditionen ergibt, etwa hinsichtlich der Zinsvergünstigung eines Kredits gegenüber einem Kredit zu marktüblichen Konditionen. Ein weiterer Faktor ist – laut der Entwicklungsorganisation – der Klimabezug. Wie stark ein gefördertes Projekt der Entwicklungszusammenarbeit tatsächlich zu Klimaschutz oder Anpassung beitrage, werde wegen der groben Erfassungsmethoden häufig zu hoch angesetzt und in der vorliegenden Berechnung leicht angepasst. Auf dieser Grundlage lasse sich eine robuste Schätzung der tatsächlichen, spezifisch auf Klimaschutz oder Anpassung ausgerichteten Unterstützungsleistung der Industrieländer ermitteln.

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Laut Analyse gingen von den 28-35 Milliarden US-Dollar, höchsten 15 Milliarden in Projekte zur Anpassung an den Klimawandel. Daneben rücken auch finanzielle Hilfen für Schäden und Verluste stärker in den Fokus. Auf der letzten Klimakonferenz COP28 in Dubai wurde dazu der Loss and Damage Fonds mit ersten finanziellen Mitteln von rund 700 Millionen US-Dollar ausgestattet. Doch für Klimaschutz, Klimaanpassung sowie Schäden und Verluste brauche es nach Berechnungen der Vereinten Nationen jährliche Mittel von bis zu einer Billionen US-Dollar.

Auf der kommenden COP29 in Aserbaidschan haben es sich die Staaten zum Ziel gesetzt über eine Anhebung der Klimafinanzierung ab 2025 zu verhandeln. Doch die Klimakonferenz in Bonn Mitte Juni, die als Vorverhandlung  für die COP gilt, sowie ein Treffen der G7 Staaten im selben Zeitraum, brachte keine Fortschritte in dieser Hinsicht. Die bisherigen Geberländer, aus der Europäischen Union und den USA sind bislang nicht bereit mehr zu geben und Länder wie China, Saudi Arabien und weitere weigern sich überhaupt Gelder zur Verfügung zu stellen. Zwar keine historischen Industriestaaten, gehören sie seit längerem zur globalen Wirtschaftselite mit immensen Treibhausgasausstoß. mg

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