RepurposingZielgerichtete Förderung statt pauschaler Befreiung

Ein Traktor auf einem Feld
Höhere Besteuerung für den Betrieb landwirtschaftlicher Maschinen gefordert, um mehr in den ökologischen Umbau stecken zu können (Bild: pxhere, Public Domain)

Die Bundesregierung hat es angekündigt aber weiterhin nicht umgesetzt: den Abbau klimaschädlicher Subventionen. Nun gibt es Vorschläge, die Subventionen zielgerichtet umzuwidmen – im Sinne der Bürger und des Klimaschutzes.

11.09.2024 – „Wir wollen zusätzliche Haushaltsspielräume dadurch gewinnen, dass wir im Haushalt überflüssige, unwirksame und umwelt- und klimaschädliche Subventionen und Ausgaben abbauen.” So steht es im Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung von 2021. Übrig geblieben ist lediglich eine Erhöhung der Luftverkehrsabgabe, als Ersatz für die Abschaffung der Kerosin-Steuerbefreiung (die wiederum nicht durchgesetzt wurde) und eine abgespeckte Reform der Agrardiesel-Steuervergünstigungen. Ist es Angst vor dem Unwillen der Bevölkerung? Schließlich kommen viele der Subventionen dem Geldbeutel der Menschen und Unternehmen in Deutschland zugute, schädigen aber zugleich Klima und Umwelt.

Als die Bundesregierung die Steuervergünstigungen für Agrardiesel und die Kfz-Steuerbefreiung für zulassungspflichtige Zugmaschinen abbauen wollte, gingen viele Menschen im Landwirtschaftssektor auf die Straße. Es kam zu den sogenannten Bauernprotesten. Schließlich wurde die Reform der Agrardieselregelung über drei Jahre gestreckt und die Streichung der Kfz-Steuerregelung aufgegeben. Die eigentlich vorgesehenen Mittel fehlten und fehlen in den schwierigen Haushaltsverhandlungen des Bundes.

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Auch vor dem Hintergrund der Bauernproteste hat das Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) sich Gedanken gemacht, wie ein Abbau umwelt- und klimaschädlicher Subventionen einhergehen kann mit einem direkten positiven Nutzen für verschiedene Teile der Bevölkerung und Unternehmen (abgesehen vom langfristigen Nutzen einer saubereren Umwelt und dem Klimaschutz). „Repurposing“ heißt das Zauberwort. Statt Subventionen ersatzlos zu streichen könnte man diese auch umwidmen, weg von umweltschädlichen hin zu umweltpositiven Nutzen.

„Die Erfahrung zeigt, dass die besten Argumente für den Abbau von umweltschädlichen Subventionen oft nicht ausreichen“, sagt Holger Bär, Autor des vorliegenden Impulspapiers, mit Blick auf die Bauernproteste. „Mit unserem Repurposing-Vorschlag bieten wir eine neue Perspektive auf Subventionsreformen an. Die umweltschädlichen Finanzflüsse werden so umgelenkt, dass sie die Betroffenen bei der Umstellung unterstützen.“

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Im Falle des Landwirtschaftssektors weist das FÖS daraufhin, dass der Verzicht auf die Streichung der Kfz-Steuerbefreiung jährlich fast 500 Millionen Euro an Mindereinnahmen für den Bund bedeutet – Tendenz steigend. Nach Angaben der Bundesregierung profitierten im Jahr 2022 1,7 Millionen Fahrzeuge von der Befreiung und das mit einem jeweiligen Steuervorteil von durchschnittlich 282 Euro im Jahr.

Statt weiter an der Kfz-Steuerbefreiung festzuhalten, könnten die Mehreinnahmen von einer halbe Milliarde Euro dafür genutzt werden, die Bauern zielgerichtet beim Umstieg auf ökologische Landwirtschaft zu unterstützen – so der Vorschlag des FÖS. Geld also das einigen durch den Wegfall des Steuervorteils fehlen würde, würden sie an anderer Stelle wieder erhalten, wenn sie ihren Hof ökologisch umbauen.

Für die privaten und beruflichen Diesel-Pkw-Fahrer:innen wiederum könnte die Kfz-Steuer günstiger werden, findet das FÖS, unter der Prämisse, dass der Energiesteuervorteil für Diesel abgeschafft wird. Denn der günstige Diesel an der Tankstelle bewirke, dass Autofahrer:innen tendenziell mehr fahren. Davon würden am Ende vor allem Unternehmen und einkommensstarke Vielfahrer:innen profitieren. Teurerer Diesel hingegen würde dazu verleiten effizienter und weniger zu fahren. Auch würden eher Menschen mit geringerer Fahrleistung und damit eher einkommensschwächere profitieren, die eine geringere Kfz-Steuerlast tragen müssten.

Ebenfalls im Verkehrssektor angesiedelt ist der Vorschlag des FÖS die vergünstigte Besteuerung für elektrische Dienstwagen abzuschaffen. Erst kürzlich hat die Bundesregierung diesen Steuervorteil erhöht, sodass nun noch teurere Dienstwagen prozentual noch höher begünstigt werden. Das schränke den Empfänger:innenkreis stark ein und ist besonders für Menschen mit höheren Einkommen interessant. Im Gegenzug für die Abschaffung des sogenannten geldwerten Vorteils für E-Dienstwagen fordert das FÖS Kaufprämien für E-Autos wieder einzuführen. Das würde den Empfänger:innenkreis deutlich erhöhen. Nach Auslaufen der letzten Kaufprämie ging der Absatz von E-Autos stark zurück.

Statt auf Autobahnen zu setzen sollte die Bundesregierung indes deutlich mehr Mittel in den öffentlichen Nah- und Fernverkehr stecken, fordert nicht nur das FÖS. Der Vorschlag des Think-Tanks: Den Aus- und Neubau von Fernstraßen streichen und diese Ausgaben von rund 3,6 Milliarden Euro bis 2030 in Sanierung statt Neubau sowie die Ladeinfrastruktur und Erhalt und Ausbau der Schiene investieren.

Im Energiesektor empfiehlt das FÖS die verschiedenen Regelungen zur Entlastung energieintensiver Unternehmen von Energie- und Stromsteuern stufenweise auslaufen zu lassen. Im aktuellen Energiesystem brauchen Industriezweige mit energieintensiven Prozessen vor allem fossile Brennstoffe. 2023 wurden allein 55,4 Terrawattstunden Erdgas von der Energiesteuer befreit, was ungefähr 11,6% des Verbrauchs in der Industrie entsprach. Entgangene Einnahmen aus dieser und anderen Entlastungen für die Industrie belaufen sich laut FÖS auf rund 450 Millionen Euro allein 2023. Dieses Geld könnte genutzt werden, um die energieintensive Industrie besser bei Transformationsprozessen, hin zur klimafreundlichen Produktion zu unterstützen, so das FÖS.

„Mit dem Ansatz 'Umgestalten statt Streichen' von Subventionen bieten wir einen Lösungsansatz, der fiskalisch sinnvoll, politisch mehrheitsfähig und ökologisch dringend notwendig ist“, sagt Carolin Schenuit, Geschäftsführerin des FÖS angesichts der laufenden Haushaltsverhandlungen. „Jetzt liegt es an den Abgeordneten, ihn aufzugreifen und eine bessere Verknüpfung von Haushalt und Klima- und Umweltschutz zu erreichen.“ mg

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