Klimaneutral bis 2030Volksbegehren in Berlin vom Senat abgelehnt

Heizkraftwerk mit zwei Schornsteinen, im Vordergrund die Spree
Das Heizkraftwerk Klingenberg in Berlin Rummelsburg wurde bis 2017 mit Braunkohle betrieben, danach auf Erdgas umgestellt. (Foto: Avda auf Wikipedia / CC BY-SA 3.0)

Mit einem Volksbegehren will die Initiative Klimaneustart erreichen, dass Berlin bereits 2030 klimaneutral wird. Nach der Anhörung im Berliner Senat lehnte der Umweltausschuss das Anliegen ab. Nun ist der Weg frei für den nächsten Schritt.

09.06.2022 – Die Initiative Klimaneustart Berlin fordert die Änderung des Berliner Energiewendegesetzes. Berlin solle bereits 2030 klimaneutral werden und dafür die gesetzliche Grundlage schaffen. Am 2. Juni hat das Berliner Abgeordnetenhaus sich mit dem Anliegen befasst. Der Ausschuss für Umwelt, Verbraucher- und Klimaschutz lehnte es anschließend ab.

In der Begründung heißt es, dass die vorgeschlagenen Änderungen am Berliner Energiewendegesetz keine geeigneten Mittel seien, um den Klimaschutz zu beschleunigen. Sie könnten im Gegenteil kontraproduktiv wirken, indem sie in Überschätzung der Handlungs- und Regelungsmöglichkeiten auf Landesebene eine trügerische Sicherheit der Zielerreichung suggerieren. Vielmehr müssten der Bund und die Europäische Union Bund den Übergang zur Klimaneutralität zentral gestalten. So werde beispielsweise die Stromversorgung eines künftigen, klimaneutralen Berlins rund zur Hälfte auf Stromimporten beruhen und damit der Zeitpunkt der Klimaneutralität Berlins maßgeblich davon abhängen, in welchem Umfang und Tempo der Ausbau der Erneuerbaren Energien bundesweit vorankommt.

Gleichwohl äußerten sich mehrere Abgeordnete positiv gegenüber dem grundsätzlichen Anliegen des Volksbegehrens und unterstützten den Wunsch nach schnellem Handeln. Der grüne Abgeordnete Stefan Taschner kommentiert: „Bei solch einem Anliegen Nein zu sagen, fällt schwer, da wir hinter den Ambitionen stehen. Wir Grüne hatten auch anspruchsvollere Ziele als 2045 und wir bewegen uns auch definitiv in einem Raum, in dem die Klimaneutralität früher erreicht werden kann. Auf alle Fälle schauen wir nicht nur zu, was gefordert wird, sondern setzen uns auch politisch für mehr Tempo beim Klimaschutz ein.“ Aber das Ziel der Klimaneutralität 2030 beinhalte ja auch das Zwischenziel, bis 2025 die Emissionen bereits um 70 Prozent zu senken. Zweieinhalb Jahre, um erhebliche Maßnahmen durchzusetzen. „Angesichts des Fachkräftemangels kommen wir da an die Grenzen des Machbaren.“

Taschner sieht durchaus Punkte, in denen der Senat auf die Initiative zugehen könnte: bei der Einbeziehung des Berliner Flughafens in die CO2-Bilanzierung, bei der Priorisierung von Emissionsreduktionen gegenüber Kompensationen und bei der Aufnahme auch anderer Treibhausgase in die Betrachtung.

Taschner verweist auf einen positiven Effekt der Ablehnung: Nun könne die Initiative sofort mit der Unterschriftensammlung für einen Volksentscheid beginnen und müsse nicht vier Monate warten. So lange wäre die Frist, wenn sich der Senat nicht mit einer Entscheidung zu dem Anliegen geäußert hätte.

Wenn die Ablehnung des Anliegens im Plenum bestätigt wird, geht das Bündnis Klimaneustart in die zweite Sammelphase, um einen Volksentscheid herbeizuführen. In der zweiten Unterschriften-Sammlung müssten 175.000 gültige Unterschriften zusammenkommen.

Volker Quaschning, Vertrauensperson der Initiative und Professor für regenerative Energiesysteme an der HTW Berlin sagte: “Die Kluft zwischen dem 1,5-Grad-Pfad und dem Berliner Koalitionsvertrag ist unbestreitbar. 2045 ist deutlich zu spät, um dieses selbst gesetzte Ziel zu erreichen. Wer 2030 für zu ambitioniert hält, muss sich auch offiziell von der 1,5-Grad-Grenze verabschieden.” 

Es sei eine selbsterfüllende Prophezeiung, wenn der Senat und das Abgeordnetenhaus das Zieljahr 2030 für nicht machbar halten, kommentierte Volker Quaschning, Vertrauensperson der Initiative und Professor für regenerative Energiesysteme an der HTW Berlin Dabei zeigen Studien, wie jene der Energy Watch Group, dass Berlin sich in Partnerschaft mit Brandenburg bis 2030 zu 100 Prozent aus Erneuerbaren Energien versorgen kann. Auch bei der Wärmewende zeigen Länder wie Dänemark, dass der Abschied von fossilen Heizungen und der Ersatz durch Wärmepumpen realisierbar ist.  

Als Vertreterin der Berliner Wirtschaft unterstützt Vertrauensperson Génica Schäfgen, Deutschlandchefin von Ecosia, das Volksbegehren: „Verlässliche Zielmarken und gesetzliche Rahmenbedingungen sind notwendig, um Investitionsrisiken zu senken und Innovation zu fördern”. Die Wirtschaft wolle Klimaschutz! Es sei eine ökonomisch intelligente Entscheidung und damit im Interesse der Berliner Wirtschaft, rechtzeitig und konsequent Investitionen in Klimaneutralität anzustreben. pf

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