KreislaufwirtschaftEuropa hat ein Plastikproblem

Müllhalde
Über 60 Prozent des Plastikmülls in der EU werden nicht recycelt, sondern verbrannt oder anderweitig entsorgt (Bild: Bakhrom Tursunov auf Pixabay).

Europas Plastikproblem ist größer, als es aussieht. Zwar gibt es seit Jahren Recyclingprogramme. Tatsächlich wird aber deutlich mehr Plastikmüll verbrannt oder auf Halden gelagert als recycelt. Kreislaufwirtschaft sieht anders aus.

17.08.2023 – Es gibt zu viel Plastik auf der Welt. Plastikmüll ist überall: In der Erde, im Wasser, auf Gletschern, in den Tiefseegräben der Meere. Die Produktion von Plastik hat sich in den letzten zwei Jahrzehnten verdoppelt. Prognosen der OECD zufolge wird sie sich bis 2050 erneut verdoppeln, und ein weiteres Mal bis 2060.

Verhandlungen um ein globales Plastikabkommen Anfang Juni dieses Jahres gingen trotz der sich ausbreitenden Plastikkrise nur schleppend voran. Eine neue Verhandlungsrunde ist für Ende des Jahres angesetzt, derweil wächst die Plastikflut unbeirrt weiter.

Um die Wiederverwertung von Plastik in Europa stehe dabei es schlechter, als viele Bürger vielleicht denken, zeigen Recherchen von Investigate Europe (IE). Über 60 Prozent des Plastikmülls in der EU werden nicht recycelt, sondern verbrannt, verschifft oder anderweitig auf in Wasser oder an Land entsorgt.

Verbrannt, nicht recycelt

In Reaktion auf die immer weiter steigende Plastikflut bauen viele EU-Länder derzeit ihre Verbrennungskapazitäten für Müll aus. Eine Maßnahme, die auch von EU-Geldern gefördert werde, kritisiert IE. Immer häufiger lande auch getrennter, für das Recycling geeigneter Müll im Feuer. Innerhalb nur eines Jahrzehnts habe sich der Anteil recycelbaren Plastiks, das in Verbrennungsanlagen lande, verdoppelt.

Besonders fatal sei, dass die Verbrennungsanlagen langfristige Verträge einforderten. Gemeinden verpflichteten sich so häufig, langfristig bestimmte Mengen Müll pro Jahr zu liefern. Anreize zur Müllvermeidung oder besseres Recycling würden so systematisch verhindert. Mehr Wiederverwertung sei so kaum zu erreichen.

Müll trennen

Hinzu kommen die vielen Hürden des Recyclings. Die meisten Anlagen sortierten nur etwa zwei Drittel des Mülls genau genug, um ihn zu Recyceln. Der Rest gehe automatisch in die Verbrennungsanlage. Grund dafür ist nicht nur eine falsche Vorsortierung, sondern auch das Produktdesign. Die Masse an Verpackungen, die viele verschiedene Stoffe verwendeten, die dann erst wieder mühsam getrennt werden müssten, nehme seit Jahren zu, so IE.

Notwendig seien verbindliche Vorgaben zum Produktdesign und Investitionen in Grundlagenforschung wie Methoden des chemischen Recyclings, um die Kreislaufwirtschaft voranzubringen.

Europa hat Kreislaufprobleme

Eine ähnliche Problematik zeigt sich in mehreren Bereichen. Die neue Batterienverordnung der EU schreibt deutlich höhere Recyclingquoten ebenso vor wie die Verwendung von Sekundärrohstoffen. Auch der aktuelle Entwurf einer neuen Rohstoffstrategie für Europa will mehr Recycling. Eine Studie zu letzterer zeigte erst kürzlich auf, dass Nachhaltigkeitsstrategien ganzheitlicher aufgestellt sein müssten, anstatt nur auf Recyclingquoten zu setzen. Denn ohne konkrete Anreize bleiben diese utopisch.

Dabei ist die Idee der Kreislaufwirtschaft nicht neu. Erste Maßnahmen für eine weniger linear ausgerichtete Wirtschaft diskutiert die Europäische Kommission bereits seit 2015 und eine europäische Circular Plastics Alliance gibt es bereits seit 2018. Auch der Green Deal der EU betont an mehreren Stellen, dass Ressourcen nicht mehr verbraucht, sondern wiederholt genutzt und sauber rückgeführt werden sollen.

In die richtige Richtung geht es nur langsam. Anfang des Jahres befand der Global Circularity Report, dass sich die weltweite Gesamtbilanz beim Streben nach einem Rohstoffkreislauf zuletzt sogar verschlechtert hat. Das heißt, dass der Ressourcenverbrauch weiterhin schneller steigt als die Weltbevölkerung wächst. Eine fatale Entwicklung. Denn die Menschheit verbraucht jedes Jahr ein Vielfaches von dem, was die Erde verkraften und regenerieren kann. Eine Rohstoffwende, zirkuläre Nutzung und damit auch weniger Müll sind dringend geboten. jb

Kommentare

Michael Struve am 18.08.2023

+189 Gut Antworten

Wann wacht Europa endlich auf? das Problem ist nicht mit unserer Strafzahlung von 1,5 Mrd erledigt- so wurde es mir in Brüssel gesagt. Wir haben die Lösung mit der Thermolyse zur Verölung von Plastik. Aus 1 t kommen 6 Barrel crudeoil. Also wann reden wir?

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