AfrikaEnergiewende in kleinen Schritten in Tansania

zwei Solarmodule auf einem Wellblechdach
Auf dem Land in Tansania werden vermehrt netzunabhängige Photovoltaikinstallation installiert. (Foto: Thomas Isenburg)

Die Energiewende in Tansania steckt noch in ihren Anfängen. Vor allem Offgrid-Photovoltaikanlagen sind ein sichtbares Zeichen für den beginnenden Umbau. Der flächendeckende Ausbau scheitert auch am nicht vorhandenen Stromnetz.

26.07.2024 – Journalistische Recherchen sind in Tansania schwierig. Protangonisten verlangen für Reisen zu Vorzeigeprojekten teilweise mittlere vierstellige Summen, die an Safaritourismus erinnern. Die Alternative sind günstige öffentliche Verkehrsmittel, die die größeren Städte verbinden. Die Reise erfolgt in bequemen Bussen mit gutem Service, begleitet von afrikanischer Lebensfreude. Entlang der Strecke eine von üppiger Vegetation strotzende afrikanische Landschaft, unterbrochen von quirligen Dörfern und pulsierenden Kleinstädten. Schnell ergeben sich Gespräche mit afrikanischen Mitreisenden. Den jeweiligen Zielort steuert man individuell mit dem Taxi an.

Auf der Busfahrt von Dar es Salaam fällt die Region um Tanga ins Auge. In den landwirtschaftlich geprägten Orten werden vermehrt Offgrid-Lösungen als Insellösungen eingesetzt, vor allem wenn der Anschluss an das Stromnetz schwierig ist.

Ein Spaziergang durch ein Dorf lässt die ersten Eindrücke konkret werden. Schmale Wege führen vorbei an kleinen Bauernhöfen, Wohnhäusern und Geschäften. Die Solarmodule auf den Dächern muss man noch suchen, doch man findet sie. Sie liefern Strom für Wohnräume und Satellitenschüsseln oder versorgen kleine Läden mit Energie. Allerdings endete der Spaziergang mit einem unschönen Erlebnis: Ein Militärangehöriger fordert uns auf, die gemachten Aufnahmen zu löschen. Glücklicherweise können wir diesen Versuch im Sinne einer bebilderten Berichterstattung vereiteln.

Gute Voraussetzungen für Strom aus Photovoltaik

Das ostafrikanische Tansania bietet günstige Voraussetzungen für die Nutzung erneuerbarer Energien: Die Republik liegt südlich des Äquators und hat ein tropisches Klima mit sehr vielen Sonnenstunden. Vieles befindet sich noch im Aufbau. Ein guter Zeitpunkt also auch für deutsche Unternehmen, dort Fuß zu fassen.

Tansania ist flächenmäßig etwa dreimal so groß wie Deutschland und hat 61,7 Millionen Einwohner (Zensus 2022). Zwei Drittel der Bevölkerung sind jünger als 25 Jahre. Nach Einschätzung des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) ist Tansania eines der politisch stabilsten und friedlichsten Länder Ostafrikas. Die wirtschaftliche Entwicklung ist positiv, die Wirtschaft wächst kontinuierlich mit Raten von 4 bis 9 Prozent pro Jahr, unterbrochen nur durch die Covid-Pandemie.

Vom Anstieg des Meeresspiegels bedroht

Tansania ist bereits heute vom Klimawandel betroffen. Extreme Wetterereignisse wie Dürren und Überschwemmungen verursachen hohe wirtschaftliche Kosten und beeinträchtigen die langfristige Entwicklung ländlicher und städtischer Gemeinden. Insbesondere für den Agrarsektor werden negative Auswirkungen befürchtet. Bis zum Jahr 2100 wird mit einem Anstieg des Meeresspiegels von 50 Zentimetern bis zu einem Meter gerechnet. Der Erwärmungstrend führt zu einer Zunahme von 80 Tagen mit Temperaturen über 30°C.

Die Lebensgrundlagen von Millionen Menschen sind in Gefahr. Besonders betroffen sind Küstengebiete, die öffentliche Gesundheit, Energieversorgung und -nachfrage, Infrastruktur und die Wasserressourcen. Dies wiederum wirkt sich negativ auf Wirtschaftswachstum, nachhaltige Entwicklung und Armutsbekämpfung aus. Tansania hat den Status eines Niedrigeinkommenslandes mit niedrigen Emissionen. Diese lagen im Jahr 2022 bei 0,22 Tonnen pro Kopf. Zum Vergleich: Ein Einwohner Deutschlands stößt im Schnitt 10,8 Tonnen aus.

Tansania hat sich zudem verpflichtet, die Treibhausgasemissionen der gesamten Wirtschaft bis 2030 um 30 bis 35 Prozent gegenüber dem Business-as-usual-Szenario zu senken. Derzeit verursacht der Klimawandel Kosten in Höhe von 500 Millionen US-Dollar pro Jahr. Bis 2030 werden es voraussichtlich 1 Milliarde US-Dollar sein.

Nicht vorhandenes Stromnetz

Die national festgelegten Beiträge zur Einhaltung des Pariser Klimaschutzabkommens werden in den National Determined Constribution (NDC) festgelegt. Hier werden Optionen für eine bessere Verbindung von sauberen Energiequellen mit den Nachbarländern gefordert.

Neben Erdgas – im Land finden sich größere Erdgasvorkommen – setzt das Land auf saubere Energiequellen wie Geothermie, Wind- und Wasserkraft sowie Solarenergie und Bioenergie. Doch viele Menschen in Tansania sind nicht an das Stromnetz angeschlossen. Deswegen muss gerade diese Aufgabe bei der Elektrifizierung gefördert werden.

Biomasse wichtigste Primärenergiequelle

Im Energiesektor Tansanias, der laut Internationaler Energieagentur zu den kleinsten der Welt zählt, dominiert die Nutzung von Biomasse den Primärenergieverbrauch (PEV), der mit 23 Millionen Tonnen Öläquivalenten 84 Prozent des gesamten Energieverbrauchs ausmacht. Der größte Teil des Primärenergieverbrauchs wird in privaten Haushalten in Form von Holzkohle oder Brennholz verbraucht. Erdölprodukte machen etwa 12 Prozent des Verbrauchs aus. Der Rest (weniger als 5 Prozent) entfällt auf Erdgas und andere Energieträger. Bei der Elektrifizierung ist noch viel Luft nach oben: Landesweit hatten 2016 rund 33 Prozent der Bevölkerung in 3,8 Millionen Haushalten Zugang zu Elektrizität. Das geht aus einer Analyse der deutschen Außenhandelskammer von 2018 hervor. Gerade in den ländlichen Regionen Tansanias sind Off-Grid-Lösungen gefragt.

Weiterbildung zentrale Aufgabe

Die Organisation TAREA unterstützt die Entwicklung Erneuerbarer Energien im Land mit intensiver Lobbyarbeit und juristischer Hilfe. Darüber hinaus werden Trainings durchgeführt. Zu den geschulten Akteuren gehören Ausbilder, Installateure, Händler, Regulierungsbehörden, Beamte der Bezirksräte, Entscheidungsträger, Projektentwickler und Endverbraucher. Das größte Projekt, das TAREA bisher in die Wege geleitet hatte, war die Schulung von mehr als 2.000 Solarinstallateuren und 50 Ausbildern im Rahmen des tansanischen Regierungsprojekts Sida/MEM Solar Photovoltaic.

Bewusstsein, Wissen und Ausbildung für erneuerbare Energien sollen weiterentwickelt werden. Das ist eines der zentralen Ziele von TAREA. Angesprochen sind Planer, Entscheidungsträger, Geldgeber und Endnutzer für erneuerbare Energietechnologien. Wichtige Aktivitäten sind die Installation von Systemen für Erneuerbare Energien, die für den Zugang zu Energie in den Gemeinden genutzt werden, Energievorführungen in den Dörfern, nationale Tage der erneuerbaren Energien, Live-Talk-Sendungen in Radio und Fernsehen oder Zeitungsartikel, Broschüren, E-Newsletter und soziale Medien. Darüber hinaus werden Workshops, Besuche vor Ort und Vorlesungen über erneuerbare Energien für Schüler von Grund- und Sekundarschulen sowie für Studenten von Hochschulen und Universitäten durchgeführt.

Um die CO2-Emissionen in Tansania so weit wie möglich zu senken und die Energieerzeugung komplett erneuerbar zu gestalten, sind erhebliche Investitionen erforderlich. Auch gilt es die ländlichen Gebiete zu elektrifizieren. Neue Energiekooperationen schauen dabei in Richtung von Entwicklungs- und westlichen Zentralbanken. Es entsteht gerade in den letzten Jahren ein Markt für erneuerbare Energien mit großer Nachfrage, von dem auch deutschen Unternehmen profitieren könnten. Thomas Isenburg, Wissenschaftsjournalist

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