BundesnetzagenturHohe Netzentgelte in Energiewende-Regionen fair verteilen

Umspannwerk mit vielen Masten und Leitungen
Die Netzentgelte für Verbraucher in Energiewenderegionen sollen sinken – dank der Verteilung auf alle Stromverbraucher. (Foto: energiezukunft / Petra Franke)

Die Bundesnetzagentur legt ein Verfahren zur fairen Verteilung von Netzkosten fest, das bereits ab 2025 wirksam wird. Dieser Schritt ist geboten, weil in Verteilnetzen mit besonders viel Erneuerbarer Stromerzeugung Verbraucher besonders viel zahlen.

30.08.2024 – Die heute veröffentlichte Festlegung der Bundesnetzagentur zur Verteilung von Mehrkosten in Energiewende-Regionen gibt einen Rahmen vor, mit dem Netzbetreiben mit besonders Hohen Kosten identifiziert werden und wie im zweiten Schritt alle Stromverbraucher fair an diesen Mehrkosten beteiligt werden.

Die Netzentgelte sind im Strompreis enthalten und variieren bundesweit sehr stark. Besonders hoch sind die Netzentgelte dort, wo die Bevölkerungsdichte gering ist und die Netzbetreiber gleichzeitig hohe Kosten für den Netzausbau und die Integration der Erneuerbaren stemmen müssen.

Mit einem Eckpunktepapier hatte die Bundesnetzagentur im Dezember 2023 den Auftakt zu diesem Schritt gegeben, im Mai 2024 folgte ein Entwurf zur Festlegung. In die jetzige Entscheidung wurden Konsultationsergebnisse eingearbeitet. Beispielsweise wurden Anforderungen an Daten präzisiert und Besonderheiten beim Netzbetrieb mit aufgenommen.

Abschätzungen zum Ausgleich der Mehrkosten, dem sogenannten Wälzungsvolumen, und zu den konkreten Entlastungen bei einzelnen Netzbetreibern sind ab Mitte Oktober möglich. Die Bundesnetzagentur wird diese Zahlen veröffentlichen.

Die Entlastungsbeträge werden über einen Aufschlag für besondere Netznutzung auf den Strompreis bei allen Stromverbrauchern refinanziert, der durch die Übertragungsnetzbetreiber am 25. Oktober veröffentlicht wird.

Kennzahl für hohe Kosten: Erzeugungsleistung im Verhältnis zur Verbrauchslast

Die Bundesnetzagentur sieht ein gestuftes Modell vor. Der erste Schritt ist die Ermittlung, ob ein Netzbetreiber von einer besonderen Kostenbelastung aus dem Ausbau der Erneuerbaren betroffen ist. Hierzu legt die Bundesnetzagentur eine Kennzahl fest. Diese setzt die ans Netz angeschlossene erneuerbare Erzeugungsleistung ins Verhältnis zur Verbrauchlast im Netzgebiet.

Die entlasteten Netzbetreiber erhalten einen finanziellen Ausgleich für die Mehrbelastung. Die Kosten hierfür können über alle Stromverbraucher bundesweit gleichmäßig verteilt werden.

Bestehender Mechanismus kann genutzt werden

Konkret beabsichtigt die Bundesnetzagentur, den Mechanismus nach § 19 StromNEV zu nutzen. Dieser bewirkt schon heute einen Ausgleich bestimmter Netzkosten zwischen allen Netznutzern. Die bisherige „§ 19-Umlage“ ist Bestandteil des Strompreises. Sie dient derzeit dazu, entgangene Erlöse eines Netzbetreibers auszugleichen, die entstehen, weil bestimmte Verbraucher ein reduziertes Netzentgelt zahlen. Auf diese bestehende Regelung wird jetzt bürokratiearm und rechtssicher aufgesetzt.  Der deutlichen Entlastung der betroffenen Regionen stehen damit überschaubare zusätzliche Kosten für alle Stromverbraucher gegenüber.

Mehr zum Thema

Glasherstellung, durch Hitze rot gefärbte Flaschen im Produktionsprozess
Erneuerbarer Energiemarkt

Variable Netzentgelte für stromintensive Industrie

Im erneuerbaren Energiesystem muss die Industrie ihren Strombedarf, dort wo es geht, der Erzeugung anpassen. Dafür schlägt die Bundesnetzagentur jetzt ein Anreizsystem mit einer Netzentgeltprivilegierung für flexible Verbräuche vor.

Wind im Norden, Photovoltaik in der Fläche

Viele Stromverteilernetze sind noch nicht hinreichend digitalisiert und ausgebaut. Dies ist aber auch für die Aufnahme und den Weitertransport des regional erzeugten erneuerbaren Stroms erforderlich. Kosten von Ausbau und Digitalisierung treten bundesweit in unterschiedlichem Maße auf. Grund dafür ist, dass Windenergieanlagen vorwiegend im Norden und großflächige Freiflächen-Photovoltaik in überwiegend ländlichen Regionen entstehen.

Alle Netzkosten werden über die Netzentgelte durch die Stromkunden refinanziert. Hierbei tragen die Kunden in den Netzregionen, die jetzt entlastet werden sollen, derzeit alle Kosten für die Integration der erneuerbaren Stromerzeugung. Damit verteilen sich die Kosten aktuell nicht gleichmäßig auf alle Netznutzer. In weiten Teilen Nord- und Nordostdeutschlands sind die Netzentgelte – als Bestandteil der Stromkosten – merklich höher als in anderen Regionen Deutschlands. In einigen Netzgebieten betragen die Netzentgelte bis zu rund 15 ct/kWh, während es Regionen gibt, in denen diese unter 5 ct/kWh betragen. Auch innerhalb einiger Bundesländer wie zum Beispiel Bayerns und Baden-Württembergs unterscheiden sich die Netzentgelte deutlich.

Mit der Novelle des Energiewirtschaftsrechts im Dezember 2023 hat die Bundesnetzagentur die Kompetenz erhalten, entsprechende Entscheidungen zu den Netzkosten zu treffen. Hierzu wird die Behörde in den kommenden Monaten zahlreiche Festlegungen treffen müssen. Die Beschlusskammern der Bundesnetzagentur treffen Regulierungsentscheidungen in Netzzugangs- und Entgeltverfahren sowie im Rahmen der sektorspezifischen Missbrauchsaufsicht. Die Beschlusskammern tragen den besonderen europarechtlichen Vorgaben hinsichtlich der Transparenz und Unabhängigkeit der Entscheidungsmechanismen in der Regulierung Rechnung. pf

Kommentare

Allabauer vor 2 Wochen

+438 Gut Antworten

Nicht auszuschließen sind die Regionen, die sich gegen die Energiewende sträuben! Die müssten eigentlich mehr bezahlen, das sie die Verteilungsprobleme erhöhen.

Neuen Kommentar schreiben


Name: *
E-Mail: *
(wird nicht veröffentlicht)
Nicht ausfüllen!


Kommentar: *

max 2.000 Zeichen