Kooperation mit DeutschlandWasserstoff-Partner Kolumbien im Blickfeld

Windräder in einer Wüstenlandschaft mit Holzhütten
Windkrafträder in der Region La Guajira, Kolumbien. Eines von drei Gebieten mit hohem Potenzial für die Wasserstoffproduktion (Bild: Jorge Mahecha, Wikimedia, Creative CommonsAttribution-Share Alike 3.0 Unported)

Weg von der Kohle hin zu grünem Wasserstoff – Kolumbien will führender Wasserstoffexporteur werden. Davon soll auch Deutschland profitieren. Eine Studie beleuchtet das Potenzial und nimmt die lokale Bevölkerung in den Blick.

03.10.2024 – Bei einer globalen Untersuchung potenzieller Standorte für die Produktion von grünem Wasserstoff stachen 2023 bereits einige Gebiete in Kolumbien hervor. Das Fraunhofer Institute für Solare Energiesysteme (ISE) – dass damals die Untersuchung durchführte – hat nun drei der besonders aussichtsreichen Gebiete in Kolumbien genauer betrachtet, in denen Grünstrom besonders effizient in Wasserstoff und seine Derivate umgewandelt werden könnte. Es ist eine Analyse, die neben technischen auch sozio-ökonomische Kriterien in den Blickwinkel nimmt. Wie kann die lokale Bevölkerung eingebunden werden und von der Wasserstoffproduktion profitieren?

Insbesondere für energieintensive Prozesse gilt Wasserstoff mit seiner hohen Energiedichte als unverzichtbar für die Dekarbonisierung der Industrie, die aktuell ihren Energiebedarf in weiten Teilen noch mit Gas und Kohle stillt. Um in Deutschland Klimaneutral zu werden, sind die politischen Entscheider auf der Suche nach geeigneten Kooperationen mit anderen Ländern für den Import von Wasserstoff. Die Bundesregierung geht davon aus, dass schon bis 2030 95 bis 130 Terawattstunden benötigt werden. Das Ausbauziel für die Wasserstofferzeugung innerhalb Deutschlands bis 2030 wurde auf 10 Gigawatt verdoppelt.

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In Namibia investieren bereits deutsche Unternehmen in den Aufbau von Wind- und Solaranlagen sowie Elektrolyseuren für die Produktion von grünem Wasserstoff. Seit 2022 gibt es politische Vereinbarungen für den Import nach Deutschland. Im Blickfeld deutscher Unternehmen, Forscher:innen und der Politik ist inzwischen auch Kolumbien, das bislang vor allem als Importeur von Steinkohle nach Deutschland bekannt ist.

Im Juni letzten Jahres unterzeichneten Vertreter:innen aus beiden Ländern Absichtserklärungen für eine verstärkte Kooperation bei der Wasserstoffforschung. Federführend dabei: die Fraunhofer Gesellschaft, die mit der vorliegenden Studie einen weiteren Schritt geht, eine wettbewerbsfähige Wasserstoffindustrie in Kolumbien zu entwickeln, um diesen nach Deutschland zu exportieren. Diese drei Regionen hat das Fraunhofer ISE genauer analysiert:

1. Die Region um die Städte Cartagena und Barranquilla im Norden des Landes

Laut den Forscher:innen zeichnet sich die Region durch gute Infrastrukturbedingungen und Synergien mit bestehenden Industrien aus. Sie sei besonders für die Produktion von grünem Methanol geeignet. Basis dafür sei Kohlendioxid, das über direkte Luftabscheidung und über das Abscheiden von konzentriertem CO2, beispielsweise aus einem Zementwerk, gewonnen werden kann. Zudem sei die Region gut für die Erzeugung von Offshore-Windkraft, ebenso wie für Solarparks an Land. Auch sei bereits eine gute Hafeninfrastruktur mit existierenden und ausbaufähigen Methanol- und Ammoniak-Terminals vorhanden. Der Wasserbedarf für die Elektrolyseure sei nicht kritisch und stehe nicht in Konflikt mit Bedarfen der lokalen Bevölkerung.

2. La Guajira im Norden

Ganz anders sieht es mit der Wasserinfrastruktur in der an Barranquilla angrenzenden Region La Guajira aus. Laut Fraunhofer-Forscher:innen habe die lokale Bevölkerung bereits jetzt Schwierigkeiten mit einem sicheren Zugang zu sauberem Trinkwasser. Dürre ist in der Region ein wiederkehrendes Problem. Der Aufbau von Wasserstoffproduktionsstätten könnte allerdings auch helfen. So müssten für den wasserreichen Betrieb der Elektrolyseure Entsalzungsanlagen für Meereswasser gebaut werden. Überschüssiges Süßwasser aus diesen Anlagen könnten der lokalen Bevölkerung zugutekommen. Grundsätzlich sollte die lokale Bevölkerung frühzeitig in die Projekte eingebunden und im besten Fall durch Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen in die zukunftsträchtige Wertschöpfungskette integriert werden, fordern die Fraunhofer-Forscher:innen. Zwar fehle es noch an Infrastruktur, aber das Potenzial für Windkraft und Solarenergie sowie Produktionsrouten für grünen Ammoniak und flüssigen Wasserstoff sei groß.

3. Valle del Cauca im Westen

Deutlich mehr Infrastruktur und ausreichendes Wasserangebot gibt es in der Region Valle del Cauca nördlich der Stadt Cali. So sei auch aufbereitetes Abwasser aus dortigen Anlagen eine Option. Zudem verfügt die Region über Bioethanol- und Mullverbrennungsanlagen, die Energie produzieren und deren CO2-Abscheidungen gut für die Wasserstoffproduktion genutzt werden können. Neben einigen Flächen für Onshore-Windenergie gebe es viel Potenzial für Solarparks. Auch Transportinfrastrukturen seien vorhanden und ausbaufähig.

„Jede dieser Regionen bietet ihre eigenen Vorteile und erfordert jeweils eine spezifische Herangehensweise bei der Errichtung einer lokalen Wasserstoffinfrastruktur“, sagt Christoph Hank, einer der Autoren der Studie. Es gelte die lokale Bevölkerung in diese zukünftige nachhaltige Wertschöpfungskette einzubinden.

Auch in Namibia soll dies geschehen. Es häufen sich jedoch Berichte darüber, dass Unternehmen in Naturschutzgebieten bauen und die lokale Bevölkerung wenig in den Aufbau und Betrieb der Wasserstoffproduktion eingebunden wird. Das liegt unter anderem daran, dass die Produktionsstätten weitab von den Ballungszentren liegen und bei vielen noch das technische Know-How fehlt.

In Kolumbien besser als beim Exportgut Steinkohle sollte es laufen. Kohle, die weiterhin in deutschen Kraftwerken verfeuert wird. Die großen Steinkohletagebaue im Norden Kolumbiens arbeiten mit Sprengungen, durch die das Gestein so gelockert wird, dass Kohle gefördert werden kann. Menschen in der Region leiden unter der Feinstaubbelastung. Staublunge und Asthma sind weitverbreitet, schon bei Kindern. Die Tagebaue tragen zusätzlich zum Wasserproblem in der Region bei und verschmutzen es. Darunter leidet auch die Landwirtschaft.

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