Praxis-CheckFinanzielle Beteiligung von Kommunen an EE-Anlagen

Menschen im Inneren eines Windkraftturms
Beim Windparkfest im Windpark Hünfelden hatten Anwohner und Anwohnerinnen Gelegenheit, das Innere einer Windkraftanlage zu besichtigen. (Foto: naturstrom AG/Katharina Müller)

Die seit 2021 mögliche finanzielle Beteiligung der Standortkommunen an den Erträgen von Erneuerbaren Anlagen fördert die Akzeptanz, so das Ergebnis einer Umfrage unter Bürgermeistern. Selbstverständlich ist die Teilhabe allerdings noch nicht.

29.07.2024 – Als sie möglich wurde, galt die kommunale Beteiligung als Schlüssel für die Akzeptanz der Energiewende. Inzwischen sind drei Jahre ins Land gegangen. Nun hat die Fachagentur Wind und Solar in einer Umfrage untersucht, wie gut die kommunale Beteiligung in der Praxis funktioniert. Die Umfrage beschränkte sich auf die finanzielle Beteiligung bei Windenergieanlagen. Befragt wurden 1655 Bürgermeister und Bürgermeisterinnen in unterschiedlich großen Städten und Gemeinden.

Mit der Befragung wollte die Fachagentur Wind und Solar unter anderem herausfinden, wie bekannt die Beteiligungsregeln sind, wie zufrieden die kommunalen Vertreter damit sind, von wem der Impuls zum Zustandekommen eines Angebots ausging und ob und wie sich die Einstellungen der Menschen durch Beteiligung ändern.

Freiwilligkeit und Höhe der Teilhabe werden kritisch gesehen

Die Ergebnisse der Befragung zeigen: Die neuen Regelungen sind grundsätzlich geeignet, die Akzeptanz für Windenergieprojekte vor Ort zu erhöhen. Die meisten Kommunen (85 Prozent) wissen, dass es eine Regelung zur finanziellen Beteiligung der Kommunen gibt. Von diesen sind 59 Prozent grundsätzlich zufrieden damit. Nur 26 Prozent sind mit der Umsetzung zufrieden. Gründe sind vor allem die Freiwilligkeit der Regelung, die als (zu) gering empfundene Höhe der Teilhabe und die teilweise als verbesserungsfähig erachtete Kommunikation an die Kommunen.

Die Umsetzung der noch recht jungen Regelung ist damit in der Praxis angekommen, auch wenn noch nicht allen Kommunen von Projektierern und Betreibern ein entsprechendes Angebot gemacht wird. Vor allem die erst kürzlich erfolgten Gesetzesänderungen – die Ausweitung auf Bestandsanlagen – müssten noch mehr in der Breite bekannt gemacht werden. Ein positives Signal kam in der letzten Woche von den im BDEW organisierten Windanlagen-Projektierern und Betreibern. Sie haben sich freiwillig zur flächendeckenden finanziellen Beteiligung von Kommunen an neuen Windenergieanlagen verpflichtet.

Unterschiede treten zutage bei der Umsetzung für Neu- und Bestandsanlagen. Die Umsetzungsquote bei Neuanlagen liegt etwas höher als bei Bestandsanlagen. Bei Neuanlagen initiieren meist die Projektentwickler die Umsetzung, während bei Bestandsanlagen häufig die Gemeinden auf die Betreiber zugehen und eine Beteiligung nach § 6 EEG 2023 anfragen. 29 Prozent der Kommunen mit Angeboten für Bestandsanlagen berichten, dass ihnen die Zahlungen vor allem für die erstattungsfähigen Strommengen angeboten werden.

Transparenz über Beteiligungen gefordert

Gemeinden, die ein Angebot erhalten haben, stimmen zu, dass die finanzielle Teilhabe nach § 6 EEG 2023 zu einer positiveren Wahrnehmung der Windenergieanlagen vor Ort führt. Zudem beschleunigt die Umsetzung von § 6 EEG 2023 die Projekte. Gemeinden mit Angeboten für Neuanlagen haben einen Anreiz, eine zügigere Inbetriebnahme zu unterstützen. Von der finanziellen Teilhabe profitieren damit nicht nur Kommunen, sondern auch Projektentwickler und die Energiewende insgesamt. Der Bundesverband Windenergie forderte bereits im Frühjahr eine verpflichtende Transparenzregel einzuführen. Standortgemeinden sollten regelmäßig offenlegen, welche Summen sie von Erneuerbare-Energien-Anlagen auf ihrer Gemarkung erhalten.  

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Mirco Sieg ist Experte für kommunalen Klimaschutz bei der Landesgesellschaft für Energie und Klimaschutz in Nordrhein-Westfalen (NRW.Energy4Climate)

Porträtfoto Mirco Sieg

Beteiligung kann noch besser werden

Aus den Ergebnissen der Umfrage leiten die Experten der Fachagentur Wind und Solar einige Verbesserungsvorschläge ab: Rechtliche Unsicherheiten sollten klarer geregelt werden, eine Informationskampagne erscheint besonders für das Thema Bestandsanlagen sinnvoll. Für diese sollte die Ausweitung der Erstattungsfähigkeit der Kosten in Betracht gezogen werden. Nicht zuletzt sollte Transparenz geschaffen werden, so dass Höhe und Verwendung der Zahlungen einsehbar sind und besser wahrgenommen werden.

Der Beteiligungsparagraf im EEG existiert seit 2021. Er ermöglicht Betreibern von Windkraftanlagen an Land und von Solarparks die jeweiligen Standortkommunen an den Erträgen der Stromerzeugung zu beteiligen. 0,2 Cent pro Kilowattstunde dürfen an die Kommune oder Gemeinde fließen. Anfangs galt die Regel nur für Neuanlagen, seit 2023 dürfen auch bei Bestandsanlagen der Windenergie Beteiligungsverträge geschlossen werden. Außerdem wurde aus der Kann-Vorschrift eine Soll-Vorschrift, verpflichtend ist die Beteiligung laut EEG allerdings nicht. Dagegen sprachen verfassungsrechtliche Bedenken. Lediglich auf Landesebene können verpflichtende Vorgaben gemacht werden – so wie es beispielsweise das Land Nordrhein-Westfalen mit dem Bürgerenergiegesetz getan hat. Zum Stichtag 30. Juni 2024 gibt es in sieben der 13 Flächenländer verbindliche Regelungen zur Beteiligung von Kommunen an Neuanlagen.

Über den Beteiligungsparagrafen im EEG hinaus können nach wie vor weitergehende Beteiligungsmodelle praktiziert werden, beispielsweise die Zusammenarbeit mit Bürgerenergiegemeinschaften oder die Integration der Kommune in die Betreibergesellschaft. pf

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