Mobile EnergiewendeE-Auto-Boom auf Norwegens Straßen

Elektroauto mit Ladekabel an einer Ladesäule
E-Autos boomen in Norwegen. Nun bietet ein Netzbetreiber für bestimmte Regionen einen eigenen Stromtarif für netzfreundliches Laden an. (Bildquelle: AHK Norwegen)

In Norwegen verkaufen sich Elektroautos hervorragend, 2024 könnte ein neues Rekordjahr werden. Als erstes Land der Welt wird Norwegen bald mehr E-Autos als Benziner auf seinen Straßen haben. Jetzt wird das netzfreundliche Laden gefördert.

16.07.2024 – Während in Deutschland der Absatz von Elektroautos derzeit eher schleppend verläuft, zeigt sich in Norwegen ein anderes Bild: Rund 84 Prozent der im ersten Halbjahr 2024 neu zugelassenen Pkw auf norwegischen Straßen (Neuwagen und importierte Gebrauchtwagen) waren Elektroautos. Das geht aus Statistiken des norwegischen Statistikamtes SSB hervor.

E-Autos holen Benziner ein

Damit könnte 2024 erneut ein Rekordjahr werden. Im Jahr 2023 lag der Anteil der neu zugelassenen E-Autos in Norwegen bei 82 Prozent - so hoch wie nie zuvor. Derzeit rollen rund 732.000 Elektroautos durch das skandinavische Land. Voraussichtlich ab September werden in Norwegen insgesamt mehr Elektroautos als Benziner zugelassen sein - das ist weltweit einmalig. Nur die norwegische Dieselflotte liegt mit rund einer Million noch etwas außerhalb der Reichweite.

Mit einem Marktanteil von rund 17 Prozent im ersten Halbjahr 2024 steht Tesla an der Spitze der norwegischen Neuwagenverkäufe, besonders beliebt ist das Model Y. Mit einem Marktanteil von rund 11 Prozent schafft es nach Toyota auch Volkswagen unter die norwegischen Top 3. Das meistverkaufte Auto von VW ist der ID.4.

Gründe für den norwegischen E-Boom

Doch wie lässt sich die anhaltende Beliebtheit von Elektroautos in Norwegen erklären? Was machen die Skandinavier anders als die Deutschen? Zum einen hat der norwegische Staat lange Zeit starke Anreize für Elektroautos geschaffen. So gab es für E-Autos große Vergünstigungen und Steuererleichterungen beim Kauf, niedrigere Parkgebühren oder die Erlaubnis, auf Bus- und Taxispuren zu fahren. Diese Maßnahmen wurden teilweise wieder zurückgenommen, die E-Autos aber blieben.

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Laut Michael Kern, Geschäftsführer der Deutsch-Norwegischen Handelskammer (AHK Norwegen), spielt auch das dichte öffentliche Ladenetz eine Rolle, das bis in die entlegenen Regionen Norwegens reicht: „Ein solches Wachstum der E-Mobilität setzt voraus, dass die Ladeinfrastruktur mit dem Absatz von Elektroautos Schritt hält - und nicht zum Hindernis für deren Einführung wird“, sagt er.

Schnellladesäulen, die ein effizientes und zeitsparendes Laden unterwegs ermöglichen, sind hier besonders relevant. In Norwegen gab es Ende 2023 davon 7741 (im Juni 2024 waren es 8550); Deutschland mit seiner rund 15-mal größeren Bevölkerung kam am 1. Januar 2024 auf 25.233.

Direkte Vergleiche zwischen den Ländern seien allerdings oft schwierig, gibt Kern zu bedenken: „In Deutschland herrschen zum Beispiel ganz andere Marktbedingungen, die die Konsumenten beim Autokauf beeinflussen.“ Was den Umstieg auf Elektromobilität betrifft, habe Norwegen - abgesehen vom kalten Winter - zudem günstige Voraussetzungen: „Neben der geringeren Bevölkerungszahl hat das Land eine überschaubarere und weniger komplexe Infrastruktur, die es anzupassen gilt. Zudem gewinnt Norwegen deutlich über 90 Prozent seiner elektrischen Energie aus erneuerbaren Quellen, vor allem aus Wasserkraft – damit können Elektroautos hier ihren Umweltvorteil seit jeher voll ausspielen“.

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Reduzierte Entgelte für netzfreundliches Laden

Seit kurzem bietet der Netzbetreiber Norgesnett in Zusammenarbeit mit dem Softwareunternehmen Volue ermäßigte Netzentgelte für Stromkunden an, die ihr Elektroauto netzfreundlich laden. „Wir sind alle für die grüne Wende, aber für uns als Netzbetreiber sind Solardächer und Elektroautos auch eine Herausforderung. Wenn an sonnigen Tagen viel Solarstrom von Privathäusern ins Netz fließt und immer mehr Menschen ihre Elektroautos nachts aufladen, führt das zu einer zunehmenden Belastung des lokalen Netzes“, sagt Vidar Kristoffersen, CEO von Norgesnett, das rund 100.000 Netzkunden hat.

Das Hauptmotiv hinter dem neuen Service eNabo ist daher, die Einspeisung von immer mehr Solarstrom von Dächern und die verstärkte Nutzung von Elektroautos zu erleichtern, ohne die Netzentgelte erhöhen zu müssen, um einen massiven Netzausbau zu finanzieren.

„Viele von uns haben eine Beziehung zum intelligenten Aufladen von Elektroautos entwickelt, d.h. zum Aufladen zu Zeiten, in denen der Strom auf dem Spotmarkt am billigsten ist, in der Regel nachts. Das Problem mit diesem intelligenten Laden der ersten Generation ist, dass es die Belastung des lokalen Stromnetzes nicht berücksichtigt“, sagt Kjetil Storset, der bei Volue die Initiative „Nachbarschaftssysteme“ leitet. „Es ist nicht "netzintelligent". Das ist das Element, das wir jetzt zusammen mit Norgesnett einführen.“

Angebot für Regionen mit besonders belasteten Netzen

In der Praxis wird das System von Dienstleistern verwaltet, die intelligentes Laden anbieten. Der Service wird in Gebieten angeboten, in denen das Netz als besonders stark belastet gilt. Dies sind zunächst rund 130 Stadtteile, deren Zahl mit dem Ausbau der Solarstromerzeugung steigen wird. Endkunden, die sich für die Teilnahme an dem Programm entscheiden, erhalten von Norgesnett einen zusätzlichen Vermerk auf ihrer Stromrechnung, in dem der Ausgleich ausgewiesen wird. Dies gilt unabhängig davon, von welchem Stromversorger sie ihren Strom beziehen.

Mit dem neuen System erhält der Netzbetreiber laufend aktualisierte Prognosen über Erzeugung, Verbrauch und Engpässe im lokalen Stromnetz für die kommenden Tage. „Dies ist ein guter Anfang und eines von mehreren Instrumenten, die wir brauchen, um mehr Solarenergie in Norwegen zu entwickeln“, sagt Trine Kopstad Berentsen, CEO des Solar Energy Cluster. hcn

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