VerkehrspolitikGerade einmal die Note ausreichend für die Bundesregierung

Rad- Auto- und Schienenverkehr auf einer Straße in einer Stadt
Verkehr auf den Kölner Ringen: Bahn-, Auto-, Rad- und Fußverkehr beanspruchen alle ihren Platz (Bild: Manuel Grisard)

Ein Jahr vor der Bundestagswahl haben mehrere Verbände verkehrspolitische Vorhaben der Ampelregierung aus dem Koalitionsvertrag unter die Lupe genommen. Der Stand der Umsetzung sei vielfach ernüchternd.

30.08.2024 – Öffentlicher Nah- und Fernverkehr, Radinfrastruktur und E-Autos – drei Felder, bei denen die Ampel-Koalition zu Beginn ihrer Regierungszeit viel versprach, um die Verkehrswende voranzutreiben. Doch die Verkehrsverbände Allianz pro Schiene, Allgemeiner Deutscher Fahrradclub (ADFC) und ACE Auto Club Europa sind vielfach ernüchtert angesichts der Umsetzung verkehrspolitischer Vorhaben. In ihrem zweiten großen Ampel-Check ein Jahr vor der Bundestagswahl nahmen sie die Vorhaben der Ampel noch einmal genauer unter die Lupe.

Positive wie negative Aspekte bescheinigen die Verbände bei der Umsetzung von Projekten im öffentlichen Nah- und Fernverkehr. Mit dem Haushalt 2024 habe die Bundesregierung erstmal ihr Versprechen eingelöst, erheblich mehr Geld in die Schiene als in Fernstraßen zu investieren. Auch für 2025 sehe es gut aus. Ein Meilenstein sei gewesen, seit diesem Jahr 50 Prozent der Lkw-Mauteinnahmen in Alternativen zur Straße zu investieren. Trotzdem müsse noch deutlich mehr investiert werden, um den Sanierungsstau aufzulösen, insbesondere im ländlichen Raum auszubauen und die Bahn attraktiver zu gestalten, indem sie etwa pünktlicher wird.

Dafür müssten endlich Empfehlungen der 2022 eingesetzten Beschleunigungskommission Schiene umgesetzt werden, wie eine überjährige Fondslösung, um für mehrere Jahre Sicherheit und Planbarkeit haben, dass verlässlich Mittel für die Sanierung der Schiene, vor allem aber auch für den Neu- und Ausbau zur Verfügung zur Verfügung stehen. Auch bei der Planungs- und Genehmigungsbeschleunigung gebe es noch viele offene Fragen.

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Zumindest die für die Bahn so wichtige Digitalisierung wird nun im europäischen Verbund vorangetrieben. Lobende Worte finden die Verkehrsverbände auch für das Deutschlandticket. Die angestrebte Gemeinwohlorientierung sehen die Autor:innen des Ampel-Checks ebenfalls positiv. Auch wenn hier noch viel Arbeit anstehe. Insgesamt vergeben die Verbände bei ÖPNV und Schiene nur die Note vier – ausreichend.

Nur zaghafte Verbesserungen für den Radverkehr

Beim Radverkehr sieht es nicht anders aus. Auch hier gebe es ein wenig Licht und viel Schatten. Positiv heben die Autor:innen des Checks hervor, dass endlich Straßenverkehrsgesetz und damit auch die Straßenverkehrsordnung angepasst wurden. Die kürzlich erzielte Einigung zwischen Bundesrat und Bundestag zur Reform des Straßenverkehrsgesetzes gibt Kommunen mehr Spielraum bei der Einrichtung von Tempo 30 Zonen, sowie der Schaffung autoreduzierter oder -freier Räume.

Neben der Leichtigkeit und Sicherheit des Verkehrs, sind im Straßenverkehrsrecht nun auch die Ziele des Umwelt- und Klimaschutzes, der Gesundheit und der städtebaulichen Entwicklung maßgebend – und damit auch die Schaffung von mehr Radinfrastruktur. Der Spielraum aber wird teilweise nicht ausgeschöpft oder sogar zurückgedreht. In Berlin etwa sollen viele eingeführte Tempo 30 Zonen unter dem CDU geführten Verkehrssenat wieder aufgehoben werden.

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Bundesweit komme der Ausbau des Radwegenetzes kaum voran. Monieren die Autor:innen des Checks. Weiterhin sei zu wenig Geld da, um die Kommunen – insbesondere die Ausbauwilligen – ausreichend zu unterstützen. Die nachhaltigen Verkehrsverbände verweisen auf einen Beschluss der Verkehrsministerkonferenz, wonach jährlich eine Milliarde Euro für den Ausbau nötig wären. Doch für 2024 seien lediglich 350 Millionen Euro eingeplant, für 2025 rund 400 Mio. Euro. Es liege nach wie vor kein Konzept für die konkrete Umsetzung und bedarfsgerechte Finanzierung des Nationalen Radverkehrsplans 2030 vor.

Probleme würde auch weiterhin bei der für Radfahrer:innen und Fußgänger:innen so wichtigen Verkehrssicherheit bestehen. Die Verbände fordern dafür unter anderem eine verpflichtende Einführung von Tempo 30 innerorts und nicht wie im Straßenverkehrsgesetz festgelegte Freiwilligkeit der Kommunen. Auch liege bislang kein Konzept für eine Vision Zero – also das Ziel von Null Verkehrstoten – vor. Insgesamt vergeben die Autor:innen des Checks für den Radverkehr ebenfalls nur die Note 4.

Von den Zielen bei der Elektromobilität weit entfernt

Das Ziel von 15 Millionen E-Autos und einer Million öffentlicher Ladesäulen im deutschen Straßenraum bis 2030 liegt in weiter Ferne. Zwar habe die Bundesregierung mit dem Masterplan Ladeinfrastruktur eine gute Grundlage geschaffen, um das Laden so einfach wie das Tanken zu machen. doch wie überall hapert es an der Umsetzung der Maßnahmen. Zudem musste ein Förderprogramm aus dem Klima- und Transformationsfonds nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Haushalt wieder gestrichen werden.

Auch aufgrund des zögerlichen Verhaltens der Bundesregierung zum Verbrenner-Aus, ist die deutsche Automobilindustrie bei der Elektromobilität international ins Hintertreffen geraten. Insbesondere China gibt international den Ton an. Stefan Heimlich, ACE-Vorsitzender, sagt:  „Vom Versprechen im Koalitionsvertrag, Deutschland zum Leitmarkt für Elektromobilität zu machen, sind wir immer noch meilenweit entfernt. Von dem Ziel, bis 2030 in Deutschland 15 Millionen vollelektrische Pkw auf die Straße zu bringen, sind gerade einmal 10 Prozent erfüllt.“ Um die Zielmarke zu erreichen, brauche es unter anderem Klarheit über den Ausbau der Ladeinfrastruktur und eine Reform der Dienstwagenbesteuerung. Insgesamt vergeben Heimlich und seine Kolleg:innen bei der E-Mobilität ebenfalls nur ein ausreichend.

Abbau klimaschädlicher Subventionen fast gar nicht angegangen

Zwar zahlen Dienstwagenbesitzer mit Elektroantrieb einen geringeren Steuersatz, doch auch Dienstwagen mit Verbrenner werden weiterhin großzügig mit Steuererleichterungen gefördert. Dazu kommen Dieselprivileg und Pendlerpauschale, die insgesamt die klimaschädliche Fortbewegung gegenüber der Nutzung des öffentlichen Nah- und Fernverkehrs fördern und eher wohlhabenden Menschen zugutekommt.

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Belohnung für klimaschädliches Verhalten

Statt durch die CO2-Bepreisung mehr zu zahlen, werden viele Nutzer:innen von Autos und Flugzeugen belohnt, häufig lange Strecken zurückzulegen. Schuld sind Subventionen, wie Diesel- und Dienstwagenprivileg.

Laut Umweltbundesamt belaufen sich die Kosten für umweltschädliche Subventionen hierzulande pro Jahr auf über 65 Milliarden Euro. Fast die Hälfte davon – über 30 Milliarden Euro – entfallen auf den Verkehrsbereich. Ein Abbau klimaschädlicher Subventionen wurde im Koalitionsvertrag angekündigt. Bislang umgesetzt wurde lediglich eine Erhöhung der Luftverkehrsabgabe, als Ersatz für die Abschaffung der Kerosin-Steuerbefreiung.

Dabei habe sich die Regierung ausdrücklich vorgenommen, zusätzliche Haushaltsspielräume zu gewinnen, indem umwelt- und klimaschädliche Subventionen abgebaut werden, monieren die Autor:innen des Ampel-Checks. Ein umso wichtigeres Unterfangen, angesichts der aktuell angespannten Haushaltslage. Hier vergeben die Verbände die Note vier bis fünf und summa Suma rum bei der Betrachtung der gesamten Verkehrspolitik ein ausreichend. mg

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