Energiewende – FlexibilitätE-mobiles Speicherpotenzial für das Energiesystem nutzen

Carport mit Solardach, darunter Elektroautos
Die Speicherkapazität von Elektroautos bietet in einem auf Erneuerbaren Energien basierenden Energiesystem viel Potenzial. (Foto: naturstrom AG)

Die mobile Speicherkapazität bietet in einem auf Erneuerbaren Energien basierenden Energiesystem hohes Potenzial. Doch für das bidirektionale Laden müssten die Rahmenbedingungen optimiert werden. Der bne benennt energiepolitische Maßnahmen.

16.07.2024 – Bis zum Jahr 2030 sollten nach Willen der Bundesregierung rund 15 Millionen vollelektrische Fahrzeuge auf deutschen Straßen unterwegs sein. Das würde nicht nur CO2-Emissionen sparen – sondern könnte auch einen wertvollen Beitrag bei der Integration von Erneuerbaren Energien ins Stromsystem leisten: Die E-Auto-Flotte würde mit rund 750 GWh die 20-fache Speicherkapazität aller deutschen Pumpspeicherkraftwerke besitzen, sagt der Bundesverband Neue Energiewirtschaft (bne) und hat dazu eine Analyse mit daraus folgenden Handlungsempfehlungen erstellt.

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Für die täglichen Fahrten werde nur ein kleiner Teil der Batteriekapazität eines Elektrofahrzeugs verwendet und Elektroautos stehen die meiste Zeit, heißt es im bne-Papier. Die nicht genutzte mobile Speicherkapazität biete in einem auf Erneuerbaren Energien basierenden Energiesystem ein hohes Potenzial, wenn sie bidirektional laden kann, denn dies ermögliche den Energieaustausch in zwei Richtungen. Derzeit wären die gesetzlichen Rahmenbedingungen für das bidirektionale Laden noch nicht ausreichend.

Vorteile bidirektionales Laden

Bidirektionales Laden ermöglicht den Energieaustausch in zwei Richtungen: in die Batterie, aber auch wieder zurück. Beim Vehicle-to-Home wird der Strom aus der Fahrzeugbatterie in das Gebäude bzw. an das Energiemanagementsystem zurückgeführt, erläutert der bne. Hierdurch kann in Verbindung mit einer Photovoltaikanlage ein größerer Grad an Eigenversorgung gewährleistet werden. Beim Vehicle-to-Grid dagegen wird der Strom aus dem Elektrofahrzeug über die Wallbox in das Verteilnetz zurückgespeist. Das Elektrofahrzeug agiert als Teil des energiewirtschaftlichen Gesamtsystems, indem es seine gespeicherte Energie dann zurückspeist, wenn sie benötigt wird – soweit die Technologie.

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Erneuerbare schneller ausbauen, mehr Flexibilität

Um dieses Potenzial zu heben, müsse die Bundesregierung jetzt den regulatorischen Rahmen schaffen, fordert der bne und hat dazu sieben konkrete Vorschläge unterbreitet. „Parallel zum beschleunigten Ausbau der Erneuerbaren brauchen wir mehr Flexibilität. Sie ist der zentrale Mechanismus im Energiesystem der Zukunft, der die umfassende Nutzung der Erneuerbaren Energien erst ermöglicht“, sagt bne-Geschäftsführer Robert Busch. „Wir benötigen einen Rechtsrahmen, der netzdienliche Flexibilität nicht behindert. Elektroautos bieten durch ihre Speicherkapazität genau diese. Wir müssen sie nur freisetzen.“

Regulatorische Ergänzungen für Rückspeisung ins Netz notwendig

Die sieben energiepolitischen Handlungsempfehlungen des bne umfassen nun konkrete Vorschläge zur Umsetzung bidirektionalen Ladens. „Vor allem die Doppelbelastung mobiler Speicher durch Abgaben, Umlagen und Steuern verhindert einen wirtschaftlich sinnvollen Einsatz der Technologie”, so Busch. Zwar habe die Bundesregierung jüngst mit dem Gesetz zur Modernisierung der Stromsteuer erste Verbesserungen vorgenommen, diese gingen jedoch nicht weit genug. So werden bisher nur V2H-Anwendungsfälle, also die Rückspeisung vom Auto ins Haus, vereinfacht. Für V2G, die Rückspeisung ins Netz, sei eine entsprechende Ergänzung dringend notwendig.

Bürokratie-Hindernisse abbauen

Das Gesetz zur Modernisierung und zum Bürokratieabbau im Strom- und Energiesteuerrecht habe bereits eine gute Grundlage geschaffen, heißt es in der Studie, die bürokratischen Probleme jedoch nur teilweise gelöst. Klare Vorgaben verhinderten nun, dass Nutzer von E-Fahrzeugen zum Versorger und Steuerschuldner werden. Positiv bewerten die Studienautoren die Klarstellung, dass für V2H-Anwendungsfälle, also die Rückspeisung vom Auto ins Haus, die Stromsteuer nur einmalig anfällt, und zwar beim Endverbraucher.

Mit steigenden Zulassungszahlen gewinne aber in Zukunft die öffentliche Ladeinfrastruktur ebenfalls an Bedeutung, so dass das bidirektionale Laden auch für andere Anwendungen als im Eigenheim mitgedacht werden müsse. Vor dem Hintergrund der Energy Performance of Building Directive (EPBD) und dem daraus folgenden Ausbau von Ladeinfrastruktur bei Nichtwohngebäuden, sollte daher in der Legislative besonderes Augenmerk auf den Anwendungsfall „bidirektionales Laden beim Arbeitgeber“ gelegt werden, empfehlen die bne-Experten.

Denn eine Entladung von Flotten- und von Mitarbeiterfahrzeugen könnte einen signifikanten Beitrag zur Reduktion des notwendigen Netzausbaus leisten, wenn diese zur Lastgangkurvenoptimierung eingesetzt werden. Daher reiche der Vorstoß im Gesetz zur Modernisierung und zum Bürokratieabbau im Strom- und Energiesteuerrecht nicht aus, kritisieren die Studienautoren da er aktuell keine Verbesserung für V2B-Anwendungen – im Sinne von vehicle to business – sowie V2G- – also die Rückspeisung ins Netz – mit sich bringen würde. Hier wäre eine Überarbeitung im Sinn einer Ausweitung auf V2B im gewerblichen Umfeld sowie V2G notwendig, so die Handlungsempfehlung des bne an die Politik.

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Praxistauglichkeit der Datenübertragung prüfen

Weiter mangelt es laut bne an konkreten gesetzgeberischen Vorgaben für den Datenaustausch zwischen den Fahrzeugen und der Ladeinfrastruktur. Als wettbewerblicher Energiewirtschaftsverband setzt sich der bne für einen diskriminierungsfrei ausgestalteten Markt ein. Es müsse ein Level-Playing-Field für möglichst viele Marktteilnehmer geben.

Grundsätzlich müssten Speicher zwar messtechnisch abgegrenzt werden, um ihre Flexibilität vermarkten zu können, in Bezug auf die Messtechnik dürfe die Politik jedoch die Praxis nicht aus den Augen verlieren. „Hohe Sicherheitsstandards sind notwendig, um die Systemsicherheit zu gewährleisten“, erläutert Busch in diesem Zusammenhang, „aus Sicherheit ist aber nicht gleichbedeutend mit dem Einsatz des Smart Meter-Gateways.“ Die verpflichtende Datenübertragung über intelligente Messsysteme sollte daher auf ein praxistaugliches Minimum beschränkt werden, rät der bne. na

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