Fossile GeldanlagenDer fossile Finanzfluss bricht nicht ab

Containerschiffe an einer Seebrücke
Institutionelle Investoren legen noch immer in großem Ausmaß Geld in Aktien und Anleihen fossiler Unternehmen an (Bild: GettyImages / Unsplash +).

Institutionelle Investoren legen noch immer in großem Ausmaß Geld in Aktien und Anleihen fossiler Unternehmen an. Damit finanzieren sie das Geschäftsmodell der Kohle-, Öl- und Gasindustrie und verhindern einen Wandel.

09.07.2024 – Investitionen strömen weiter in Kohle, Öl und Gas anstelle von Erneuerbaren Energien. Mitverantwortlich sind Institutionelle Investoren, die das ihnen anvertraute Geld weiter in fossile Energieträger und deren Infrastruktur anlegen.

Die Finanzrecherche Investing in Climate Chaos der Menschenrechtsorganisation urgewald zeigt das Ausmaß fossiler Anlagen von 7500 Institutionellen Investoren weltweit. Die Finanzdaten wurden im Mai 2024 erhoben. Analysiert wurden Anlagen Institutioneller Investoren in Unternehmen, die auf der Global Coal Exit List (GCEL) und der Global Oil & Gas Exit List (GOGEL) von urgewald stehen.

Investieren in altbekannte Klimakiller

Institutionelle Investoren verwalten Billionen an US-Dollar weltweit. Pensionsfonds, Vermögensverwalter und Versicherer sind ebenso institutionelle Investoren wie Hedgefonds, Staatsfonds, Stiftungsfonds oder Vermögensverwaltungstöchter von Geschäftsbanken. Sie sind als Geschäftsbetrieb organisiert und gelten als juristische Personen.

„Wenn Institutionelle Anleger weiterhin expandierende Kohle -, Öl und Gasunternehmen unterstützen, ist der rechtzeitige Ausstieg aus fossilen Brennstoffen unmöglich“, betont Katrin Ganswindt, Leiterin der Finanzrecherche bei urgewald. „Die Investoren müssen dem fatalen fossilen Ausbau sofort einen Riegel vorschieben.“

Billionen US-Dollar für Fossile

Derzeit sind institutionelle Investoren mit rund 4,3 Billionen US-Dollar in Anleihen und Aktien in der fossilen Industrie investiert. Der Großteil davon, nämlich rund 4 Billionen US-Dollar, entfallen dabei auf Unternehmen, die ihre fossilen Geschäfte weiter expandieren.

Auf die Kohleindustrie entfallen dabei 1,2 Billionen US-Dollar und auf die Öl- und Gasindustrie 3,8 Billionen US-Dollar. Eine Schnittmenge von 0,7 Billionen US-Dollar an Investitionen gehen an Unternehmen, die sowohl auf der GCEL als auch auf der GOGEL stehen.

Fossiler Großinvestor USA

Über 90 Prozent der fossilen Investitionen stammen von Institutionellen Investoren aus 10 Ländern. Die USA, Kanada, Japan, Großbritannien, Indien, China, Norwegen, die Schweiz, Frankreich und Deutschland.

Ganz vorne liegen institutionelle Investoren aus den USA. Die ersten vier Plätze auf der Rangliste derer, die am meisten in fossile Unternehmen investieren, sind Vanguard, BlackRock, State Street und Capital Group. Die ersten beiden investieren jeweils über 400 Milliarden US-Dollar in die fossile Industrie.

 

Größte fossile Investitionen nach Ländern

Rang

Sitz der Investoren

Investitionen in Mrd. USD

1

USA

2.843

2

Kanada

254

3

Japan

168

4

Großbritannien

152

5

Indien

115

6

China

87

7

Norwegen

86

8

Schweiz

80

9

Frankreich

71

10

Deutschland

70

288 Milliarden US-Dollar oder 10 Prozent der US-amerikanischen Investitionen in die Öl- und Gasindustrie entfallen dabei allein auf ExxonMobil, den fünftgrößten Öl- und Gasproduzenten weltweit. ExxonMobil expandiert aggressiv und gibt Milliarden für die Suche nach neuen Öl- und Gasreserven in 37 verschiedenen Ländern aus.  Einen Transformationsplan hat es nicht. Nach der letzten Hauptversammlung zu schließen, stehen auch die Aktionäre des Unternehmens nahezu geschlossen hinter den Entscheidungen des Vorstands.

Investoren umgehen die eigenen Richtlinien

Deutsche Investoren tauchen erst etwas später auf der Liste auf, allerdings noch früh genug: Platz 30 und 31 belegen die Deutsche-Bank-Tochter DWS mit 24,8 Milliarden US-Dollar und Allianz mit Pimco und Allianz Global Investors mit 24,5 Milliarden US-Dollar an fossilen Investitionen.

Die Allianz hatte zuletzt eine verhältnismäßig strenge Richtlinie in Bezug auf Kohleinvestitionen eingeführt. Diese gilt jedoch nicht für die Allianz-Tochter Pimco, die ihren Sitz in den USA hat und – praktischerweise – den Großteil der fossilen Investitionen des Unternehmens übersieht.

 „Dws, Pimco und Agi setzen weiterhin massiv auf fossile Renditen. Diese sind für sie offenbar attraktiver als der Reputationsgewinn, den sie durch einen schnellen Ausschluss von fossilen Konzernen erreichen könnten. Doch die kurzfristigen fossilen Renditen stehen auf tönernen Füßen, weil es nur eine Frage der Zeit ist, bis die fossile Blase platzt“, warnt Julia Dubslaff, Finanz-Campaignerin für deutsche Investoren bei urgewald.

Mehr zum Thema

Nachgefragt

„Der Gesichtspunkt Klima ist entscheidend für die Stabilität des Finanzsystems“

Banken investieren mehr in nachhaltige Produkte. Aber das heißt nicht, dass das ganze System nachhaltiger geworden ist. Noch immer werden Milliarden in Fossile investiert. Ein Gespräch mit Magdalena Senn von Finanzwende zur Klimaanpassung im Finanzsystem.

Magdalena Senn, Referentin für nachhaltige Finanzmärkte bei der Bürgerbewegung Finanzwende

Magdalena Senn, Referentin für nachhaltige Finanzmärkte bei der Bürgerbewegung Finanzwende

Ähnlicher Schlupflöcher bedient sich auch die Dws. Ihre Kohlerichtlinie sieht u.a. vor, dass Unternehmen, in die investiert wird, nicht mehr als 25 Prozent ihres Umsatzes mit Kohle machen dürfen. Dies gilt allerdings scheinbar nicht für sogenannte White-Label-Produkte oder ETFs, die passiv verwaltet werden. So investiert die Dws massiv in das US-amerikanische Unternehmen CenterPoint Energy, dessen Kohle-Umsatzanteil über 30 Prozent liegt.

Das Geschäft mit ETFs sei somit komplett aus der Klima-Verantwortung genommen, kritisiert Dubslaff. „Das ist besonders bedenklich, weil CEO Stefan Hoops das passive Geschäft als Wachstumsmotor für die DWS auserkoren hat und in Zukunft mehr und mehr Fonds außerhalb des Geltungsbereichs der Richtlinie liegen werden.“

Wird am fossilen Finanzhahn gedreht?

Urgewald sieht in den Ergebnissen der Recherche auch eine Vorbereitung auf die anstehende Klimakonferenz. Die Klimafinanzierung sei das wichtigste Thema der letzten sowie der im kommenden November anstehenden COP.

„2024 muss der Wendepunkt sein, das Jahr, in dem die Zentralbanken und Regulierungsbehörden endlich auf Artikel 2.1(c) des Pariser Klimaabkommens reagieren und Maßnahmen ergreifen, um Finanzströme in Einklang mit den Paris-Zielen zu bringen“, fordert Ganswindt. „Institutionelle Investoren müssen endlich beginnen ihre Billionen umzuschichten in Richtung Energiewende.“ jb

Neuen Kommentar schreiben


Name: *
E-Mail: *
(wird nicht veröffentlicht)
Nicht ausfüllen!


Kommentar: *

max 2.000 Zeichen