GebäudesanierungNichts tun kostet rund 24.000 Euro mehr

Fassade eines Gebäudes mit roter und weißer Farbe, mit kaputten Fenstern und abblätternden Putz
Unsaniertes Gebäude (Symbolbild) (Bild: Georgi Kalaydzhiev, unsplash+)

Sanierungsrate erschreckend niedrig und Einbau von Gasheizungen auf einem Rekordhoch – das kann Hauseigentümer und Mieter teuer zu stehen kommen. Eine neue Studie zeigt in konkreten Zahlen die Vorteile von Sanierung und richtigem Heizungstausch.

17.07.2024 – Zwischenzeitlich im Gespräch, wird es auf europäischer Ebene zwar keine Sanierungspflicht für Bestandsgebäude geben, aber das Ziel besteht weiterhin: Bis spätestens 2050 soll auch der Bestand soweit saniert sein, dass die Gebäude als Nullemissions-Gebäude durchgehen. Dann soll Europa klimaneutral sein. Für Deutschland gilt das bereits bis 2045. Bis dahin müssen Gebäude mit Erneuerbaren Energiesystemen versorgt werden. Für die energetische Sanierung setzt sich die Bundesrepublik ebenfalls das europäische Ziel 2050.

Expert:innen gehen davon aus, dass für dieses Ziel eine jährliche Sanierungsrate von zwei bis drei Prozent nötig ist. Tatsächlich lag diese im Jahr 2023 mit 0,7 Prozent auf einem historisch niedrigen Niveau. Zudem beklage die Bauwirtschaft leere Auftragsbücher, wie die Umweltorganisation WWF mitteilt.

Und es kommt noch schlimmer für den Klimaschutz: Statt vehementen Ausbau eines Erneuerbaren Wärmenetzes und Einbau von Wärmepumpen, lag die Installation von neuen Gaskesseln 2023 auf einem Rekordwert, während der Absatz von Wärmepumpen zurückging. Auch der Einbau von Öl-Heizungen verdoppelte sich gegenüber dem Vorjahr. Die Debatte um das Heizungsgesetz und Unsicherheiten über Förderungen schlugen sich in großen Unsicherheiten nieder.

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Durchblick beim Heizungsgesetz und der Förderung

Das Gebäudeenergiegesetz wurde mehrfach geändert, bevor es verabschiedet wurde, das dazugehörige Förderprogramm erst spät beschlossen. Um Aufklärung zum Stand der Dinge bemühen sich nun Verbraucherschützer und Umweltbundesamt.

Dass neue Gaskessel und niedrige Sanierungsrate nicht nur fatal für den Klimaschutz sondern auch für den Geldbeutel sind, zeigt eine neue Studie der Prognos AG im Auftrag des WWF. Darin betrachten die Autor:innen Kosten und Nutzen von Sanierungen im Zeitraum bis 2045, sowie den Einbau unterschiedlicher Heizungssysteme in Ein- und Mehrfamilienhäusern.

Das sind die wichtigsten Ergebnisse:

Keine Maßnahmen in einem Einfamilienhaus: Kosten von bis zu 89.000 Euro

Austausch des Gaskessels ohne weitere Sanierungsmaßnahme in einem Einfamilienhaus: Kosten von bis zu 94.000 Euro

Sanierung eines Einfamilienhauses auf die Effizienzhausstandards EH 70 und EH 55 und Einbau einer Wärmepumpe: Kosten von bis zu 65.000 Euro (Eine Kombination aus Wärmepumpe und Photovoltaikanlage reduziert die Kosten um weitere fünf bis acht Prozent)

Austausch des Gaskessels ohne weitere Sanierungsmaßnahme in einem Mehrfamilienhaus: Kosten von bis zu 248.000 Euro

Austausch des Gaskessels mit Sanierungsmaßnahme auf EH 70 oder EH 55 in einem Mehrfamilienhaus: Kosten von 221.000 bis 235.000 Euro

Sanierung eines Mehrfamilienhauses auf die Effizienzhausstandards EH 70 und EH 55 und Einbau einer Wärmepumpe: Kosten von bis zu 185.000 Euro

Lieber auf Vollsanierung setzen

Auch die Möglichkeiten von Teilsanierungen wurden betrachtet. Prognos und der WWF empfehlen jedoch, trotz der anfangs höheren Kosten, auf eine Vollsanierung zu setzen: „Bei der Vollsanierung fallen in der Regel weniger Planungskosten und ohnehin anfallende Kosten, wie beispielsweise für das Baugerüst, an. Zudem gibt es nur einmal Staub und Stress.“ Auf lange Sicht sei dies günstiger und steigere zudem den Wert des Hauses erheblich. Wichtig sei es aber Förderungen für die Sanierung weiter zu verbessern.

Vorschläge wären etwa die Einführung des Einkommensbonus auch für Gebäudesanierungen (vergleichbar zur aktuellen Förderung von EE-Heizungen) und die Übernahme der Investitionskosten durch den Staat mit vereinbartem Tilgungsplan (beispielsweise über höhere Steuerbelastung). Problematisch sei es aktuell vor allem bei Mieter:innen. Vermieter:innen können über die Modernisierungsumlage nach der Sanierung so viel mehr Mieteinnahmen generieren, dass diese die Investitionskosten übertreffen. Bei Mieter:innen aber erhöht sich die Kaltmiete, sodass sie nicht direkt von der besseren Effizienz des Gebäudes profitieren.

Viviane Raddatz, Klimachefin beim WWF Deutschland, sagt: „Bei Mehrfamilienhäusern braucht es bessere Kostenfairness, damit sich auch hier die Sanierung für alle lohnt. Für eine gesellschaftlich verträgliche Sanierungsoffensive sollte mindestens die Warmmietenneutralität sichergestellt werden, das heißt, dass Mieter:innen nicht durch die Umlage der Sanierungskosten mehrbelastet werden, obwohl sie Energiekosten einsparen.

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Erhebliche Emissionseinsparungen

Wie fatal fehlende Sanierungen und fossile Heizsysteme für den Klimaschutz sind, auch das Zeigen aktuelle Zahlen und Prognosen. Der Wärmesektor ist aktuell für 35 Prozent des Endenergieverbrauchs verantwortlich und für 15 Prozent der Treibhausgasemissionen. Sanierungen senken den Energiebedarf und in Verbindung mit Erneuerbaren Wärmesystemen auch den Treibhausgasausstoß.

So würden, laut Analyse von Prognos, die Emissionen in einem unsanierten Einfamilienhaus mit Gaskessel bis 2045 101 Tausend Tonnen CO2-Äquivalente betragen. Bei einem EH 55-Haus mit Wärmepumpe würde dieser Wert auf 5 Tausend Tonnen sinken. Im Mehrfamilienhaus betragen die Werte 310 Tausend Tonnen (unsaniertes Haus und Gaskessel) und 14 Tausend Tonnen (Saniertes Haus mit Wärmepumpe). mg

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