Subventionen und KlimaschutzAm falschen Ende gespart

Das Bundeswirtschaftsministerium - ein helles Gebäude mit rotem Dach und vielen Verzierungen
Das Bundeswirtschaftsministerium unter Zugzwang (BildBy Jörg Zägel - Own work, Wikimedia Commons, CC BY-SA 3.0)

Dem Wirtschaftsministerium wird vorgeworfen eine Studie zur Klimawirkung staatlicher Subventionen geheim gehalten zu haben. In den Haushaltsverhandlungen bleiben klimaschädliche Subventionen unangetastet, während klimafreundliche gekürzt werden.

20.08.2024 – Bereits im November 2023 sei der Bericht abgeschlossen, jedoch in den folgenden neun Monaten geheim gehalten geworden, so der Vorwurf der Deutschen Umwelthilfe (DUH). In Abstimmung mit dem Finanzministerium hatte das Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) ein wissenschaftliches Konsortium beauftragt, ein Gutachten zur „Quantifizierung der Treibhausgaswirkung von Subventionen in Deutschland“ zu erstellen. Beteiligt an der Studie waren Öko-Institut, Fraunhofer ISI, Prognos, GWS, Ifeu und IREES.

Laut DUH habe das BMWK Anfang Juli mit einer Falschaussage zur Fertigstellung des Gutachtens geantwortet. Erst nach einem eingeleiteten Rechtsverfahren veranlasste das BMWK demnach die Veröffentlichung bei den wissenschaftlichen Instituten. Am gestrigen Montag veröffentlichten unter anderem Öko-Institut und Prognos schließlich den Bericht. Laut Öko-Institut waren die Untersuchungen bis November 2023 abgeschlossen. Der Abschluss der fachlichen Beratung mit dem BMWK habe sich aber noch bis zum 31. Juli 2024 hingezogen.

Jürgen Resch, DUH-Bundesgeschäftsführer, kritisiert: „Seit Fertigstellung des Berichts wurde die Bundesregierung in Klageverfahren der Deutschen Umwelthilfe mehrfach von Gerichten wegen ihrer unzureichenden und rechtswidrigen Klimapolitik verurteilt. Doch anstatt Geld und Treibhausgasemissionen einzusparen, täuscht die Bundesregierung lieber die Öffentlichkeit.“

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Der Bericht zeigt deutlich, was schon zuvor andere Untersuchungen nahelegten. Diesmal jedoch im Auftrag der Bundesregierung, die zuvor im Subventionsbericht von September 2023 niedrigere Zahlen angegeben hatte. Ausgehend vom Referenzjahr 2020 wurden ab 2023 bis 2030 Kosten und Klimawirkung verschiedener staatlicher Subventionen analysiert. 35,8 Milliarden Euro Subventionen und weitere staatliche Begünstigungen führen demnach bis 2030 in den Sektoren Energie, Verkehr, Industrie und Landwirtschaft zu klimaschädlichen Emissionen in Höhe von 156 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten (CO2e). Mit 24,8 Milliarden Euro entstehe der größte Anteil staatlicher Begünstigungen mit klimaschädlicher Wirkung im Verkehr, teilt das Öko-Institut mit.

Konkret geht es vor allem um Diesel- und Dienstwagenprivileg sowie die Pendlerpauschale. So könnte die Abschaffung des Dieselprivilegs bis 2030 insgesamt 25,7 Millionen Tonnen CO2e einsparen und jährlich 9,6 Milliarden Euro Mehreinnahmen schaffen. Bei der Pendlerpauschale wären es 16,41 Millionen Tonnen CO2e Einsparung und jährlich 5,3 Milliarden Euro Mehreinnahmen. Bei der Abschaffung des Dienstwagenprivilegs würden bis 2030 insgesamt 7,89 Millionen Tonnen CO2e eingespart und jährlich 6,1 Milliarden Euro Mehreinnahmen geschaffen.

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Hoch wären zudem CO2-Einsparungen, wenn die Energiesteuern für Unternehmen nicht weiter begünstigt würden (26,8 Millionen Tonnen). Dasselbe gilt für die allgemeine Stromsteuer (25,2 Millionen Tonnen). Die Streichung des vergünstigten Mehrwertsteuersatzes von 7 Prozent auf tierische Produkte wie Fleisch und Milchprodukte und damit Erhöhung auf 19 Prozent würde 17 Millionen Tonnen CO2e-Einsparungen bis 2030 bedeuten.

Eine klimafreundliche Wirkung hätten, laut wissenschaftlichen Konsortium, dagegen die Bundesförderung für Energie- und Ressourceneffizienz in der Wirtschaft, die bis 2030 insgesamt 40,4 Millionen Tonnen CO2e einspart oder die Bundesförderung für effiziente Gebäude, die bis 2030 insgesamt 53,6 Millionen Tonnen CO2e reduziert.

Doch wie aus der am vergangenen Freitag vorgelegten Kabinettsvorlage zum Bundeshaushalt 2025 hervorgeht, wird der Gebäudebereich im Klima- und Transformationsfonds (KTF) gegenüber 2024 gekürzt. Und zwar um 2,4 Milliarden auf insgesamt 14,35 Milliarden Euro. Bei der Kürzung geht es um reduzierte Förderungen für Energieeffizienz im Gebäudebereich und den Einbau von Wärmepumpen im kommenden Jahr. Förderungen also, die nach Bewertung der Wissenschaftler:innen besonders viel CO2-Einsparpotenzial hätten. Medienberichten zufolge erklärte das Bundeswirtschaftsministerium aber, der KTF werde nie voll ausgeschöpft, sodass bei Bedarf umgeschichtet und Förderungen ohne Abstriche fortgeführt werden können.

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„Die Bundesregierung bleibt die notwendigen Ausgaben schuldig, weil sie sich der Schuldenbremse stärker verpflichtet fühlt als der Zukunftssicherung“, kritisiert jedoch Tina Löffelsend, Abteilungsleiterin Klimaschutz beim beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Der Abbau klimaschädlicher Subventionen zur Gegenfinanzierung dagegen, habe offenbar nicht mal auf der Agenda der Ampel-Koalition gestanden.

Matthias Runkel, Leiter Finanz- und Verkehrspolitik beim Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS), konstatiert: „Die Zahlen des Gutachtens zeigen deutlich, dass die Bundesregierung finanzpolitisch gleichzeitig im Vorwärts- und im Rückwärtsgang fährt. Mit klimapositiven Regelungen erreicht sie bis 2030 voraussichtlich Emissionseinsparungen von über 250 Mio. Tonnen CO2. Wenn sie gleichzeitig kostspielige veraltete Steuervergünstigungen aufrechterhält, die Mehremissionen von 156 Mio. Tonnen CO2 verursachen, hat das Klima wenig gewonnen und die Allgemeinheit viel mehr als nötig bezahlt.“ mg

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