Teure AtomenergieNur finanzierbar, wenn der Staat dahintersteht

AKW-Kühltürme
Atomkraft ist teuer und nur zu finanzieren, wenn der Staat die Risiken absichert. Das zeigt eine Analyse im Auftrag von Greenpeace (Bild: Getty Images / Unsplash+).

Atomkraftwerke sind nur finanzierbar, wenn sie staatlich abgesichert werden. Das bestätigt eine Studie im Auftrag von Greenpeace, die bestehende Finanzierungsmodelle für Atomkraftwerke in Europa untersucht hat.

09.08.2024 – Einige europäische Staaten setzen weiter auf Nuklearenergie. Nicht die Mehrheit, aber zu viele: Frankreich, die Niederlande, Polen, Schweden, die Slovakai, Slovenien und die Tschechische Republik planen neue Atomkraftwerke.

Atomenergieprojekte sind mit hohen Risiken verbunden, und zwar auch mit finanziellen. Die bestehenden oder derzeit im Bau befindlichen europäischen Meiler wurden nur erheblich verzögert und zu deutlich höheren Kosten fertiggestellt als vorgesehen. Auch weltweit finden sich nur wenige Projekte, die nach Plan gebaut wurden. Auch im Betrieb sind Atomkraftwerke alles andere als zuverlässig, wie Stromengpässe in Frankreich im Sommer wie im Winter demonstrieren.

Das Risiko trägt der Steuerzahler

Diese Risiken schrecken private Investoren ab. Eine von Greenpeace in Auftrag gegebene Analyse bestätigt, dass die bestehenden Finanzierungsmodelle für Atomkraftwerke nur dann Investoren finden, wenn der Staat und damit die Allgemeinheit einen Großteil der Risiken trägt. Kosten für Haftpflichtversicherung, Stilllegung und Atommüllentsorgung werden nicht vollständig eingepreist. Das bedeutet auch, das der Staat einspringen muss, wenn Geld fehlt. Erst so werden AKW-Projekte für Investoren rentabel.

“Bei unserer Analyse der neuen Atomprojekte haben wir festgestellt, dass fast alle Atommeiler direkt oder indirekt auf die Unterstützung der Behörden angewiesen sind, um ihre Rentabilität zu gewährleisten. Das finanzielle Risiko tragen nicht die Betreiber, sondern die Steuerzahlenden.“, so Jens Weibezahn, Autor des Berichts.

Erneuerbare sind günstiger als Atomkraft

Grundsätzlich ist der Bau neuer Atomkraftwerke teurer als Erneuerbare Energien. Das gilt auch, wenn die Kosten der Infrastruktur für Solar- und Windenergie eingepreist werden. Zu diesem Schluss kam auch ein Forscherteam des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) im vergangenen Jahr. Investitionen in neue AKWs sind so kaum zu verantworten.

Mit der Studie will Greenpeace auch auf die Absurdität der Diskussionen in der EU um Atomkraft hinweisen. Derzeit werden im Besonderen kleine modulare Reaktoren (SMRs) diskutiert, die es zu finanzieren oder abzusichern gilt. Die Wirtschaftlichkeit der SMRs steht in Frage, weshalb bisher nur wenige kommerziell verfügbar sind. Hinzu kommt, dass SMRs einer Studie nach sogar mehr Atommüll produzieren als herkömmliche Kernkraftwerke.

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Keine Atommüllendlager in Sicht

Der Atommüll muss über Jahrhunderte gelagert werden. In Deutschland wurde noch kein Endlager gefunden und die Suche wird sich laut einer Regierungsstudie wohl bis 2074 ziehen. Ursprünglich war geplant, den deutschen Atommüll bis 2031 endzulagern.

Derzeit sind teils hochradioaktive Abfälle in Zwischenlagern untergebracht, deren Sicherheit fragwürdig ist. Eine Studie des BUND vom vergangenen Jahr fand erhebliche Mängel in allen Zwischenlagern.

„All jene, die eine Renaissance der Atomenergie herbeibeschwören, verschweigen die enormen Gefahren und Probleme, die mit der Atomenergie einhergehen“, kommentiert Claudia Kemfert, Leiterin der Abteilung Energie, Verkehr, Umwelt im DIW Berlin. „Ein Ausstieg aus der Atomenergie dauert Jahrzehnte, der Rückbau von Atomkraftwerken dauert Jahrzehnte, die Suche nach einem Endlager dauert Jahrzehnte – die Einlagerung des Atommülls dauert Jahrtausende. Atomenergie ist damit nicht zukunftsfähig. Zukunftsfähige Energietechnologien sind vor allen Dingen die erneuerbaren Energien und die Energiewende als Ganzes.“

Abhängig von Russland

Neben der finanziellen Abhängigkeit und den Gefahren der radioaktiven Strahlung bergen Atomprojekte auch geopolitische Risiken. Der Krieg Russlands gegen die Ukraine hat vielen Ländern ihre Abhängigkeit klar vor Augen geführt. Im Atomenergiesektor wird die Abhängigkeit Europas von russischen Brennstofflieferungen jedoch noch immer unterschätzt. Hinzu kommt die physische Verwundbarkeit von Atomkraftwerken, derzeit zu beobachten an Europas größten und seit Monaten umkämpften Kernkraftwerk Saporischschja. jb

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