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EU KlimazieleAppell für einen European Green and Social Deal

Blick auf das beleuchtete Europa bei Nacht vom Weltraum gesehen
Europa sollte seine gemeinsamen Energien besser nutzen – für Klimaschutz und Zusammenhalt. (Bild: In Zusammenarbeit mit Hartono Creative Studio / License Unsplash+)

Die nächsten fünf Jahre werden entscheidend für die Zukunft der EU, die Einhaltung der 1,5-Grad- Grenze und den Stopp des Biodiversitätsverlustes. 35 Organisationen haben daher einen Appell für die entschlossene Umsetzung des Green Deal gestartet.

20.06.2024 – Der Ausgang der Europawahl kam u. a. auch einer Absage vieler Wähler an den Klimaschutz gleich – ob bewusst oder vielleicht auch unbewusst, das lässt sich schwer nachzuvollziehen. Bei der letzten Europawahl vor fünf Jahren standen die Zeichen noch auf Demokratie und Klimaschutz, EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen verkündete den Green Deal, um zum ersten klimaneutralen Kontinent zu führen. Wie es damit weitergeht, scheint nun ungewiss, denn die Sitze im Parlament werden neu verteilt – zu Ungunsten jener, die den Green Deal gestaltet und ausgehandelt haben.

Die EU des Zusammenhalts, Fortschritts und Wohlstands braucht daher neue Impulse durch eine schnelle, entschlossene und sozial gerechte Umsetzung, mahnt die Deutsche Allianz für Klima und Gesundheit, kurz KLUG, und hat daher gemeinsam mit 35 Organisationen einen Appell für einen European Green und Social Deal unterzeichnet.

Green Deal muss fortgesetzt und gestärkt werden

„Diese Legislatur wird entscheidend für ein neues europäisches Wohlstandsmodell“, heißt es im Appell. Es geht also um eine lebenswerte Zukunft der Europäer. Der ausgemachte europäische Green Deal muss umgesetzt werden – das sei die Aufgabe der neuen Europäischen Kommission, des neu gewählten Europäischen Parlaments, aber auch des Europäischen Rates, der die Strategische Agenda für die kommenden fünf Jahre formuliert, mahnen die Akteure. Die gemeinsame deutsch-französische Erklärung von Meseberg setze dahingehend ein wichtiges Zeichen: Sie spreche sich für eine Stärkung des Green Deal aus, flankiert durch mehr private und öffentliche Finanzierung. Deutschland sollte dafür – zusammen mit Polen und Frankreich – im Einklang mit der kürzlich verabschiedeten Weimarer Agenda eine aktive und tragende Rolle einnehmen, fordern die 35 Organisationen.

Der konsequente Weg zur Klimaneutralität werde – trotz der erschütternden Wahlergebnisse – immer noch von einer Mehrheit der Bürger und der Wirtschaft in Europa unterstützt, meinen die Akteure. Zusammen mit dem Erhalt der Biodiversität sei er als Basis für Wirtschaft und Wohlstand unumgänglich, heißt es im Appell. Bürger und Unternehmen bräuchten deshalb Planungssicherheit und klare, auf die Zukunft ausgerichtete Rahmenbedingungen für ihre Investitionsentscheidungen. Kurzum: Der Weg zur Klimaneutralität müsse so konkret wie möglich beschrieben und getroffene Beschlüsse konsequent umgesetzt werden. Der European Green Deal inklusive Maßnahmen im Natur- und Umweltschutz muss als zentrales Instrument für das Erreichen von Klimaneutralität und den Erhalt der Artenvielfalt weiterhin hoch auf der Agenda der kommenden Jahre stehen, heißt es daher im Appell der 35.

Green Deal sozial gerecht gestalten

Gute Arbeitsplätze wären das Fundament für soziale Gerechtigkeit. Neben Unternehmen und Investoren müssten sich genauso Arbeitnehmer darauf verlassen können, dass die Politik Voraussetzungen und Finanzierungsmöglichkeiten für Unternehmen in der Transformation zur Klimaneutralität schafft. Dafür brauche es die Verknüpfung von europäischen sowie nationalen Finanzhilfen und -anreizen mit Transformationsplänen der Unternehmen, die Mitbestimmung, Tarifbindung und Standorterhalt umfassen.

Neue Initiativen müssten dafür in den Green Deal eingebettet werden, fordern die Akteure. So sollte ein Green Industry Deal unter dem Dach des Green Deal die Voraussetzung dafür schaffen, dass die Industrie auf dem Weg zur Klimaneutralität für Wohlstand und gute Jobs in Europa sorgen kann.

Die Interessen und die Erschwinglichkeit für private Verbraucher müssten zudem stärker berücksichtigt werden. Ein Gelingen der Energiewende sei nur dann möglich, wenn Verbraucher die Gewissheit hätten, dass auch sie von diesem Transformationsprozess profitieren. Die Finanzierung der sozial-ökologischen Transformation sollte daher im Mittelpunkt des kommenden mehrjährigen Finanzrahmens stehen.

Finanzierung anpassen

Um den European Green Deal und andere Initiativen umzusetzen, wären wesentlich mehr öffentliche und private Mittel nötig als bisher vorgesehen, heißt es weiter im Aufruf der 35 Organisationen. Durch ein auf die Ziele des Green Deal ausgerichtetes finanz- und wirtschaftspolitisches Rahmenwerk müssten mehr öffentliche Mittel mobilisiert werden – ohne dass diese Gelder an sozialen Zwecken gespart werden. Zudem sollte jeder eingesetzte öffentliche Euro ein Vielfaches an privatem Kapital mobilisieren.

Forderungen und Vorschläge der 35 am Appell beteiligten Organisationen:

  • Ziele des Klima- und Biodiversitätsschutzes sollten in öffentlichen Haushalten in Form eines Green Budgeting verankert werden.
  • Die in der Energiekrise eingeführte temporäre Abschöpfung von Zufallsgewinnen der Energiekonzerne sollte zu einer dauerhaften Besteuerung der Profite von Öl- und Gasunternehmen weiterentwickelt werden.
  • Die öffentlichen Subventionen und Förderprogramme müssten in Einklang mit den Transformationsanforderungen und dem „do no significant harm principle“ umgebaut werden.
  • Die erfolgreiche, aber auslaufende gemeinsame Kreditaufnahme im Rahmen von Next Generation EU sollte für den nächsten EU-Haushalt neu aufgelegt werden, um die sozial-ökologische Transformation zu finanzieren.
  • Der Green Deal muss sozial abgesichert und gerecht gestaltet werden.
  • Auf dem Weg zur Klimaneutralität benötigen Partnerländer, Mitgliedstaaten, Regionen, einzelne Branchen, einkommensschwache Bevölkerungsgruppen und Arbeitnehmer deutlich mehr Unterstützung als bisher. Vor allem die Einführung des europäischen Emissionshandels für Gebäude und Verkehr (ETS II) ab 2027 wird für die EU-Bürger und Unternehmen große Veränderungen bringen. Sie brauchen Planbarkeit und bedarfsgerechte finanzielle Unterstützung, um zu fossilfreien Alternativen zu wechseln und Kostensteigerungen zu vermeiden.

Daraus ergeben sich weitere konkrete Forderungen:

  • Vorhandene Förderinstrumente, wie der Just Transition Fund oder der EU-Innovationsfonds, müssen gestärkt und weitere Instrumente entwickelt werden.
  • Der Umfang des Klima-Sozialfonds sollte ohne Deckelung proportional zum CO2 -Preis im ETS II wachsen und die nationalen Einnahmen stärker für die Unterstützung von Haushalten mit geringem Einkommen zweckgebunden werden.
  • Verbraucher brauchen Rahmenbedingungen, die ihnen einen bezahlbaren, nachhaltigen Konsum ermöglichen. Staatliche Maßnahmen müssen deshalb die gewünschten Änderungen der Lebensgewohnheiten begünstigen, beispielsweise beim Umstieg vom PKW auf den öffentlichen Nah- und Fernverkehr.
  • Arbeitnehmer brauchen mehr Möglichkeiten für Weiterbildungen und Umschulungen in neuen oder transformierten Branchen, etwa durch einen Transformations-Erasmus oder eine Arbeitslosen-Rückversicherung.

Dieser Dreiklang – Stärkung des Green Deal, ausreichende Finanzierung und ein sozial gerechter Ausgleich – wäre unverzichtbar für die nächste Legislatur, schreiben die Akteure. Die deutsche Bundesregierung sollte dafür Sorge tragen, dass diese Ziele Eingang in die Strategische Agenda finden. Der Entwurf einer Strategischen Agenda für die kommende Legislaturperiode in der Europäischen Union stieß bereits im Mai auf breite Kritik von Umweltverbänden, die schon vor der Wahl einen Mangel an Klarheit und Entschlossenheit sahen, auf den Errungenschaften der EU, vor allem dem europäischen Green Deal, aufzubauen. na

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