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10 Jahre Bündnis BürgerenergieMehr Frauen vor den Vorhang holen

Menschen im Park, Workshop zu Balkonsolar
Mit Infoveranstaltungen zu Balkon-Modulen trifft die Fei einen Nerv. (Foto: Fei eG)

Die Genossenschaft fei aus Bamberg gibt es seit knapp zwei Jahren. Zwei größere Solarprojekte sind in greifbarer Nähe. Inzwischen treibt das junge Team mit Balkonmodulen und Info-Veranstaltungen die Energiewende voran. Ziel ist auch mehr Diversität.

12.06.2024 – In Franken gibt es ein uriges kurzes Wörtchen, das alles Mögliche heißen kann und deshalb auch in fast jedem Satz vorkommt - fei. Seit kurzem trägt eine Energiegenossenschaft in Bamberg diesen Namen, auch um die Menschen vor Ort mit etwas eindeutig Regionalem anzusprechen. Des is fei scho a Ding.

Ein Energietechniker und sein Freund waren die Initiatoren und suchten noch jemanden mit betriebswirtschaftlichem Hintergrund. So kam Stefanie Lebert in das Gründungsteam. Sie ist beruflich im Sozialbereich unterwegs und war sich anfangs gar nicht so sicher, ob sie sich wirklich in diese für sie unbekannte Materie hineinwagen sollte. Inzwischen ist sie aber ganz gut im Thema der Erneuerbaren Energien angekommen, erzählt sie.

Die Motive des Gründungsteams, wie auch der Mitglieder, sind ähnlich wie bei anderen Genossenschaften – der Klimawandel fordert Engagement von jedem einzelnen. „Mit Erneuerbaren Energien kann man da einen guten Beitrag leisten. Ich habe inzwischen nicht mehr das Gefühl, machtlos zu sein und dem Klimawandel nichts entgegensetzen zu können. Gleichzeitig geben wir unserer Heimat ein bisschen was zurück“, so beschreibt es Lebert. Für sie kommt noch ein weiterer Punkt hinzu: „Auch unsere Genossenschaft ist sehr männlich geprägt, das motiviert mich persönlich, weil ich will, dass sich noch mehr Frauen in der Energiewende engagieren.“

Diversität kommt nicht von allein

Ihre Erfahrung zeigt, dass Diversität ganz und gar nicht von alleine kommt. Lebert sieht die Genossenschaft und sich selbst dafür in der Bringschuld. „Wir müssen dafür sorgen, dass sich mehr Menschen angesprochen fühlen. Ein männlich besetzter Vorstand und Aufsichtsrat sind eben nicht besonders attraktiv für Frauen. Ich hoffe sehr, dass wir mehr Frauen vor den Vorhang holen können.“

Weil die ehrenamtliche Arbeit neben dem Beruf den Alltag zu sehr belastet hat, haben die Vorstände mit anderen Genossenschaften gesprochen und auch mit der Generalversammlung diskutiert.

Alle, die aktiv mitarbeiten, erhalten seit Anfang des Jahres für die geleistete Arbeit den Mindestlohn als Kompensation, Schwung und Motivation inklusive. „Das war schon ein risikobehafteter Schritt, weil wir bis jetzt noch keine regelmäßigen Einnahmen haben, zumindest keine großen, aber unsere Mitglieder haben uns bestärkt – und das Potenzial in Bamberg für Bürgerenergie ist groß. "Deshalb haben wir uns gemeinschaftlich entschieden, hier in Vorleistung zu gehen.“, sagt Lebert.

Der Genossenschaftsgedanke ist fest verankert: Der Nutzen steht an erster Stelle, nicht der Profit, der Mensch im Mittelpunkt. Gemeinwohlorientiert und demokratisch will die Fei arbeiten. Inzwischen sind bereits 150 Mitglieder an Bord.

Sammelbestellungen für Balkonmodule

Große Projekte fallen auch in Bamberg niemanden in den Schoß. Die Fei begann mit Sammelbestellungen von Balkonkraftwerken, die großen Anklang fanden, auch außerhalb der Genossenschaft. Inzwischen gibt es eine Kooperation mit der Stadt Bamberg. Monatliche Vorträge und Info-Veranstaltungen in den Quartieren zeigen, wie es funktioniert und beantworten die Fragen der Interessierten.

Man erreicht tatsächlich Menschen außerhalb der Klimaschutz-Bubble und auch Menschen mit schmalem Budget, so das Fazit. Für letztere greift ein Soli-Modell: die Käufer eines Balkon-Moduls können beim Kauf entscheiden, ob und wieviel sie spenden wollen für einen Interessenten, der sich den vollen Kaufpreis nicht leisten kann. Inzwischen gibt es sogar ein eigenes Montage-Team, das Balkon-Modul-Interessierte unterstützt, die sich die Montage selbst nicht zutrauen.

Zwei größere Solarprojekte sind in der Anbahnung - es gilt weiterhin die Daumen zu drücken, damit daraus etwas wird. Konkrete Pläne werden in der nächsten Generalversammlung am 9. Juni vorgelegt. Aber es gab auch zahlreiche Gespräche zu möglichen Projekten, aus denen nichts wurde: Bei der Windenergie beispielsweise trifft Bamberg das gleiche Schicksal wie ganz Bayern – schwierig, erst recht für eine junge Genossenschaft.

Lebert lässt sich davon aber nicht demotivieren. „Wir stehen generell sehr viel im Austausch mit anderen Genossenschaften. Das ist für uns sehr wertvoll. Über das Bündnis Bürgerenergie hat ebenfalls viel Vernetzung stattgefunden, wir waren sogar bei einem Mentoring-Projekt dabei.“

Wie bei allen großen Projekten steckt auch bei der Energiewende der Teufel im Detail. Ein gemeinschaftliches Unternehmen mit idealistischem Ansatz zu gründen, ist sicherlich nicht das leichteste Vorhaben. Was gegen Motivationsschwierigkeiten hilft? Ab auf’s Dach! Erst kürzlich hat die fei eine enge Kooperation mit einem lokalen Solarteur beschlossen. Erste Teammitglieder konnten den Profi bei der Montage an vorderster Front begleiten. Leberts Fazit: „So kompliziert ist es gar nicht. Module schleppen, Halterungen befestigen und Kabel verlegen macht richtig Spaß, weil man weiß, dass die PV-Anlage in wenigen Tagen ans Hausnetz gehen kann!“ Petra Franke

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