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10 Jahre Bündnis BürgerenergieMut und Expertise für Entscheidungen

Solaranlage auf Gebäude der Freiwilligen Feuerwehr Parsberg
Die erste Photovoltaikanlage der Jurenergie wurde auf dem Feuerwehrgerätehaus in Parsberg realisiert. (Foto: Jurenergie eG)

Jurenergie aus Neumarkt gestaltet als Energiegenossenschaft seit 14 Jahren die Energiewende aktiv mit. Etliche Windkraft- und Solaranlagen in der Oberpfalz wurden errichtet, immer mit unbestechlichem Blick auf die Wirtschaftlichkeit.

05.06.2024 – Die Genossenschaft Jurenergie verdankt ihre Gründung einer Initiative des Landkreises Neumarkt in der Oberpfalz. Der Landkreis war Vorreiter in Sachen Energiewende, aber die Regionalpolitik nahm wahr, dass ein Großteil der Investitionen von externen Investoren kam. Der Wunsch nach mehr regionaler Wertschöpfung war der Startschuss für eine Steuerungsgruppe, aus der schließlich Jurenergie hervorging. Das Interesse war groß, bereits bei der Gründungsversammlung waren knapp 100 Menschen anwesend. Der Name ist übrigens eine Hommage an die Landschaft des Gebietes - den Oberpfälzer Jura.

Im April 2010 fand die konstituierende Sitzung der Jurenergie statt, Ende Juni gingen die ersten Photovoltaikanlagen auf den Dächern des Bauhofs und der Feuerwehr in Parsberg und später auf einer kommunalen Salzhalle in Betrieb. Mit persönlichem Einsatz, Engagement und Managementerfahrungen gingen die gewählten Vorstände an die Ehrenamts-Arbeit und überführten auch schnell die Geschicke der Genossenschaft in ausschließlich private Hand. „Die Dächer wurden uns von den Gemeinden nicht einfach überlassen, sondern entgeltlich zur Verfügung gestellt“, berichtet Michael Vogel, der seit der Gründung zum Vorstandsteam von Jurenergie gehört.

Anspruch und Ziel war es von Anfang an, zu einem regionalen Stromerzeuger zu werden. „Deshalb haben wir schon immer groß gedacht“, sagt Vogel und betont, wie wichtig das Management ist. In erster Linie geht es ums Management und professionelle Strukturen. Den Mut, Investitionsentscheidungen zu treffen und diese mit Expertise unterlegen zu können – mit kaufmännischer und juristischer.“

Windkraftanlagen genossenschaftlich finanziert

Im Juli 2013 ging die erste Windkraftanlage der Genossenschaft in Betrieb, am Standort Pöfersdorf. Im August folgten zwei Windkraftanlagen in Brenntenberg, im Jahr 2014 zwei weitere Anlagen im Windpark Birgland.

Alle diese Anlagen wurden schlüsselfertig gekauft, die Genossenschaft finanzierte sie. Dann kam die 10H-Regel, die den Windkraftausbau in Bayern zum Erliegen brachte. Aktuell sind eine Handvoll Standorte in der Projektierungsphase, in der Photovoltaik sind Freiflächenanlagen mit 100 Megawatt in der Entwicklung. Aus Gründen der Wirtschaftlichkeit konzentriert sich die Jurenergie vor allem auf große PV-Freiflächen. „Aufdachanlagen sind zu kleinteilig und für unsere schmalen Strukturen zu aufwändig“, erklärt Vogel. Inzwischen ist ein professionelles Team von fünf Mitarbeitern fest angestellt.

Für die Anlagen werden jeweils eigene Betreibergesellschaften in Form einer GmbH und Co. KG gegründet. „Wenn Bebauungspläne gebraucht werden, geht es zum einen um erbschaftsrechtliche Themen, damit die Flächen weiterhin Teil des landwirtschaftlichen Betriebs bleiben und als Sonderbetriebsvermögen gelten. Zudem werden bei jedem Projekt auch Grundstückseigentümern und Kommunen Beteiligungen angeboten, dafür ist die Abgrenzung der einzelnen Projekte notwendig. Allerdings ist Jurenergie immer Mehrheitsgesellschafter. “ Inzwischen betreibt die Genossenschaft fünf Windkraftanlagen mit insgesamt 15 Megawatt Leistung und 11 Photovoltaikanlagen mit 900 Kilowatt Leistung. 35 Millionen Euro wurden insgesamt investiert, davon haben die Mitglieder 10 Millionen Euro mit Eigenkapital gestemmt.

Mitglieder aus der Region willkommen

Den inzwischen über 900 Mitgliedern wird jedes Projekt und die Entscheidungen dazu transparent kommuniziert. Seit 2015 gibt es einen Aufnahmestopp, weil wegen der politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen keine Projekte umgesetzt werden konnten. Mitglieder werden nur aus der Region und dem engeren Einzugsbereich aufgenommen. Ausnahmen werden gemacht für Menschen, die in unmittelbarer Nähe einer Anlage wohnen und gern Mitglied der Genossenschaft werden wollen. Beim Bündnis Bürgerenergie (BBEn) gestaltet Jurenergie viele Prozesse aktiv mit und bringe Expertise und eigene Netzwerkkontakte in die bundesweite Bürgerenergie-Bewegung ein.

Artenschutz muss sein, aber manche Regeln sind zu starr

Den schleppenden Ausbau bedauert Vogel und verweist auf den Artenschutz, der im PV-Bereich zum Teil groteske Züge annehme. Als Beispiel erwähnt er die Feldlerche. „Wir haben Gebiete, wo so viele Feldlerchen vorkommen, dass wir keine Ausgleichsflächen finden, weil auch dort schon Feldlerchen vorkommen.“ Mit einem guten Monitoring Einwände aufzulösen, fruchte nichts, wenn die unteren Naturschutzbehörden kein Monitoring zulassen, sondern prinzipiell auf Ausgleichsflächen bestehen.

„Die Behörden wiederum sind teilweise selbst unglücklich, sie wollen ihre Entscheidung rechtssicher treffen. Hier ist eindeutig der Gesetzgeber gefragt, in dem er in den Ermessens-Vorschriften das Wort „kann“ durch „soll“ ersetzen könnte, um den Ausbau der Erneuerbaren tatsächlichen Vorrang einzuräumen. Das setzt natürlich einen politischen Willen voraus und ein klares Bekenntnis von allen Parteien zum Thema Klimaschutz.“ Vogel bemängelt auch die veralteten Daten, auf deren Basis Kommunen und Länder planen und die teilweise in Regionalplänen als Grundlage verwendet werden.

Wünsche an die Politik

Hätte Vogel drei Wünsche an die Politik frei, wäre ein fünfjähriges Moratorium für den Artenschutz bei gleichzeitigem Monitoring einer davon. Artenschutz ist wichtig, auch für Vogel, aber die konkreten Auswirkungen von Erneuerbaren Anlagen könnten so seiner Meinung nach besser untersucht werden. Weiter wünscht sich Vogel einen schnelleren Ausbau des Verteilnetzes – und dafür die richtigen Weichenstellungen der Politik. „Teilweise erhalten wir Einspeisezusagen für jetzt geplante Anlagen für 2030, so kommt die Energiewende nicht voran.“ Der dritte Wunsch richtet sich auf den Strompreis. Die Politik solle mehr dafür tun, dass er möglichst niedrig ist. Öffentliche Rückbau-Bürgschaften, günstige Darlehen von KfW und Landesförderbanken sind die Hebel, die er sieht und er begründet diesen Wunsch: „Der Industriestandort Deutschland – unsere Gesellschaft – braucht niedrige Strompreise.“ Petra Franke

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