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StraßengüterverkehrBatterie als Lkw-Antrieb die kostengünstigste Variante

Lkws auf einem Autobahnparkplatz
Für den Umstieg auf fossilfreie Antriebe im Lkw-Verkehr werden Infrastrukturen gebraucht. Werden verschiedene Antriebstechnologien parallel gefördert, wird es teuer.  (Foto: Jochen Teufel auf Wikimedia / CC BY-SA 3.0)

Batterieelektrische Lkw können deutlich kostengünstiger mit erneuerbarem Strom betrieben werden als Alternativen mit Wasserstoff oder E-Fuels. Eine optimierte Aufladung der Fahrzeugbatterien verstärkt diesen Vorteil zusätzlich.

26.06.2024 – Mit welchen Antrieben die Lkws und Sattelzüge zukünftig über die Straßen rollen, wird kontrovers diskutiert. Sowohl batterieelektrische Fahrzeuge als auch solche mit Wasserstoff-Brennstoffzelle oder Verbrennermotoren, die mit synthetisch hergestellten E-Fuels betrieben werden, stehen miteinander im Wettstreit als Alternative zum fossilen Antrieb.

Jede der Varianten braucht zum Markthochlauf Unterstützung durch die Politik und finanzielle Starthilfe. Doch welche Antriebstechnologie und dazugehörige Infrastruktur ist die kostengünstigste? Welche die effizienteste? Und welche hat die meisten positiven Effekte auf das Stromsystem insgesamt? Diese Fragen beleuchten Forschende des DIW Berlin und des Instituts für Energie- und Umweltforschung Heidelberg (ifeu) in einer aktuellen Modellanalyse.

Knappe Fördermittel zielgenau einsetzen

Die Diskussion ist auch deshalb so aktuell, weil der Sachverständigenrat für Wirtschaft sich in seinem Frühjahrsgutachten 2024 dafür ausgesprochen hat, angesichts knapper Fördermittel den Ausbau der Ladeinfrastruktur für batterieelektrische Nutzfahrzeuge zu priorisieren. Allerdings gab es im Gutachten auch ein Minderheitsvotum, das sich für eine weitere Förderung des Ausbaus auch von Wasserstoff-Tankstellen ausspricht. Begründet wird dies mit der Wahrung industriepolitischer Chancen für deutsche Hersteller auf dem Weltmarkt sowie mit einer Absicherung langfristiger Klimaschutzziele durch das Offenhalten verschiedener technologischer Optionen.

Ein wenig beachteter Aspekt in der Debatte ist die Frage, wie sich verschiedene Alternativen zur Dekarbonisierung des Straßengüterverkehrs auf den Stromsektor auswirken. Batterieelektrische Lkw und solche mit Wasserstoff-Brennstoffzellen unterscheiden sich nicht nur in ihrer Energieeffizienz, sondern haben auch unterschiedliche große Möglichkeiten, ihren Strombezug der fluktuierenden Stromerzeugung aus Windkraft und Solarenergie anzupassen. Deshalb können sich die Kosten der Stromversorgung dieser Fahrzeuge deutlich unterscheiden. Genau diesen Aspekt betrachtet die Studie.

Strombedarf steigt in jedem Fall, allerdings unterschiedlich stark

In allen vier betrachteten Szenarien steigen die Stromsektorkosten gegenüber der Referenz mit herkömmlichen Dieselfahrzeugen an, da der Stromverbrauch steigt. Dieser Anstieg ist bei batterieelektrischen Fahrzeugen am geringsten und bei Oberleitungsfahrzeugen nur minimal höher. Eine Elektrifizierung des gesamten Schwerlastverkehrs in Deutschland mit diesen Technologien würde den Stromverbrauch um gut 40 Terawattstunden oder rund acht Prozent des heutigen Bedarfs erhöhen. Die damit verbundenen Kostensteigerungen fallen bei einer optimierten Aufladung mit 2,3 Milliarden Euro pro Jahr oder rund 7.200 Euro pro Fahrzeug deutlich geringer aus als bei einer ungesteuerten Ladestrategie mit 3,8 Milliarden Euro pro Jahr oder 11.900 Euro pro Fahrzeug.

Nur ungefähr halb so teuer wird es, wenn Strom aus den Fahrzeugbatterien auch ins Netz zurückgespeist werden kann. Optimiert geladene oberleitungselektrische Fahrzeuge verursachen einen etwas höheren Anstieg der Kosten der Stromversorgung als rein batterieelektrische. Grund hierfür ist, dass sie deutlich kleinere Batterien haben und somit während der Standzeiten ihren Stromverbrauch weniger in günstige Stunden mit besonders hoher Verfügbarkeit von Wind- und Solarenergie verlagern können. Angenommen wird dabei, dass die Fahrzeuge im Depot immer die Möglichkeit einer Netzverbindung haben.

Wandlungsverluste bei Wasserstoff und E-Fuels verteuern diese Antriebsvarianten

Dagegen sind die Kosten der Stromversorgung von Wasserstoff-Brennstoffzellenfahrzeugen sehr viel höher. Dies liegt nicht daran, dass der für die Wasserstoffbereitstellung genutzte Strom besonders teuer wäre, sondern daran, dass eine indirekte Elektrifizierung über Wasserstoff deutlich weniger energieeffizient ist. In Verbindung mit zentralen Wasserstoff-Großspeichern sind die durchschnittlichen Preise des für die Elektrolyse genutzten Stroms sogar günstiger als die des Ladestroms für nicht optimiert geladene batterieelektrische Lkw.

Allerdings wird dieser Vorteil durch die hohen Umwandlungsverluste bei der Wasserstofferzeugung und -speicherung mehr als aufgewogen. Dies gilt noch mehr bei der Variante mit E-Fuels, die mit günstigeren Speichermöglichkeiten, aber noch höheren Wandlungsverlusten einhergeht.

Somit wird der positive Flexibilitätseffekt von Wasserstoff- beziehungsweise E-Fuel-Speichern für den Stromsektor durch ihre schlechte Energieeffizienz mehr als aufgewogen. Manchmal wird argumentiert, dass Energieeffizienz zweitrangig sei, wenn günstiger erneuerbarer „Überschussstrom“ für die Wasserstoffproduktion genutzt werden kann. Dies ist jedoch im europäischen Stromverbund auf absehbare Zeit nicht zu erwarten.

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Elektrifizierung first, Wasserstoff second

Elektrifizierung und Wasserstoff aus Erneuerbaren sind Bausteine, um in der EU bis 2050 Klimaneutralität zu erreichen. Dabei sollte der Großteil des Energieverbrauchs aus Strom, und nur wo unverzichtbar aus wasserstoffbasierter Energie kommen.

Vieles spricht für batterieelektrische Fahrzeuge

Auch über die in der Modellierung berücksichtigten Faktoren hinaus spricht vieles für einen weitgehend batterieelektrischen Straßengüterverkehr. Dazu gehören die aktuellen Markttrends und die Pläne vieler Hersteller sowie Synergien im Zusammenhang mit dem Ausbau der batterieelektrischen Mobilität auch im Pkw-Bereich.

Vor allem ist ihre hohe Energieeffizienz vorteilhaft vor dem Hintergrund, dass erneuerbarer Strom auf absehbare Zeit nicht nur in Deutschland, sondern im gesamten europäischen Stromverbund ein knappes Gut bleiben dürfte. Positiv bewerten die Forscher auch, dass batterieelektrische Fahrzeuge bei optimierter Aufladung günstig durch einen Ausbau der Solarenergie begleitet werden können. Mit Blick auf das mittelfristige Klimaschutzpotenzial ist dies vorteilhaft, da der Ausbau der PV im Vergleich zu dem der Windkraft tendenziell schneller und mit weniger Akzeptanzproblemen realisiert werden kann.

In der Analyse noch gar nicht berücksichtigt ist die Möglichkeit von solarer Eigenerzeugung, die sich vermutlich auf vielen Logistik-Immobilien bietet und die das Depotladen einzelwirtschaftlich noch attraktiver machen könnten.

Günstige Importe nicht zu erwarten

Im Fall, dass künftig große Mengen von sehr günstigem Wasserstoff oder E-Fuels aus anderen Regionen importiert werden könnten, würden die modellierten Effekte dieser Optionen auf den heimischen Stromsektor entfallen, und die Bewertung würde sich ändern. Allerdings rechnen die Forscher auf absehbare Zeit nicht damit, dass günstige Importe in beliebig großen Mengen realisiert werden können. Vielmehr müssen Importe künftig eine vorhersehbar stark wachsende Nachfrage nach Wasserstoff und seinen Derivaten in der energieintensiven Industrie bedienen, so dass sie knapp und teuer bleiben dürften.

Vorteile überwiegen bei Strom aus Batterie oder Oberleitung

Die Analyse zeigt, dass der batterie- oder oberleitungselektrische Schwerlastverkehr auch ohne zeitlich optimierte Aufladung noch günstiger mit Strom versorgt werden kann. Die Energieeffizienz dieser direkt elektrifizierten Antriebe übertrifft auch potenzielle Vorteile von Wasserstoff oder E-Fuels in Hinblick auf deren Speicherbarkeit. Dennoch wäre den Modellergebnissen zufolge eine optimierte Aufladung der Fahrzeugbatterien sehr vorteilhaft und sollte daher angestrebt werden. Dafür sollten unter anderem Tarife und Strompreisbestandteile so gestaltet werden, dass sie das Preissignal des Strommarkts möglichst unverzerrt an die Fahrzeugbetreiber weitergeben. Könnten die Fahrzeugbatterien darüber hinaus für eine Rückspeisung ins Netz genutzt werden, würde der Schwerlastverkehr perspektivisch sogar einen zusätzlichen Beitrag zur kostengünstigen Integration fluktuierender erneuerbarer Energien leisten.

Die Analyse zeigt außerdem, dass sich die Auswirkungen von rein batterieelektrischen und oberleitungselektrischen Fahrzeugen auf den Stromsektor kaum unterscheiden. Daher kann die Entscheidung, welche dieser beiden Optionen politisch gefördert wird, anhand anderer Kriterien erfolgen, beispielsweise die Möglichkeit einer zeitnahen praktischen Umsetzung. Angesichts der Klimaschutzziele für 2030 und darüber hinaus ist eine klare Entscheidung zur Förderung des direkt elektrifizierten Straßengüterverkehrs dringend erforderlich. Ein wesentlicher Schlüssel für den Markthochlauf von elektrischen Lkw und Sattelzügen ist dabei die Bereitstellung von Ladeinfrastruktur und entsprechender Netzanschlüsse, sowohl was Schnellladepunkte als auch Lademöglichkeiten in Depots betrifft.

Staatliches Handeln vor allem in der Hochlaufphase könnte dazu beitragen, Marktunvollkommenheiten zu beseitigen und Koordinationsprobleme zu mindern. Je häufiger Lkw mit dem Stromnetz verbunden sind, desto mehr Flexibilität entsteht zudem für die Integration der fluktuierenden erneuerbaren Energien, was die Kosten der Stromversorgung senkt. pf

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